Das Reptiliengehirn: Der Einfluss von Urprogrammen auf Kaufentscheidungen

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Was haben Menschen und Reptilien gemeinsam? Klingt erstmal nach einer seltsamen Frage, aber die Antwort darauf erklärt unter anderem, warum wir z.B. im Marketing auf bestimmte Reize reagieren und auf andere nicht.

Im Marketing und insbesondere in der Werbepsychologie wollen wir vor allem eins: wissen, warum Konsument:innen so handeln, wie sie handeln und die psychologischen Mechanismen verstehen, die hinter den Kaufentscheidungen der Konsument:innen stehen. Eine der faszinierendsten und zugleich wirkungsvollsten psychologischen Theorien in diesem Zusammenhang ist die des Reptiliengehirns, auch bekannt als das triunische Gehirnmodell, das von dem Neurophysiologen Paul MacLean in den 1960er Jahren entwickelt wurde. In diesem Artikel beleuchten wir, wie das Reptiliengehirn funktioniert und wie es im modernen Marketing eingesetzt werden kann, um das Konsumentenverhalten effektiv zu beeinflussen.

 

Was ist das Reptiliengehirn?

Um zu verstehen, was das Reptiliengehirn ist und welche Rolle es im Marketing und bei Kaufentscheidungen spielt, schauen wir uns einmal nachfolgende Grafik an:

Darstellung Reptiliengehirn_Neuromarketing - Grundlagen- & Praxisseminar

Besonders relevant im Marketing sind 3 Bereiche unseres Gehirns:

  • Das Kleinhirn bzw. Stammhirn
  • Das Großhirn bzw. der Neocortex
  • Und unser Limbisches System

Das Reptiliengehirn, wissenschaftlich als der Hirnstamm und das Basalganglien bekannt, ist der älteste Teil des menschlichen Gehirns. Es steuert die grundlegendsten Überlebensfunktionen wie Atmung, Herzschlag und Instinktreaktionen. Hier laufen unsere Biologischen Ur-Programme, wie Angriff, Flucht, Totstellen oder Sex.

Im Zusammenhang mit dem Prozess der Informationswahrnehmung fungiert es als sog. Gate Keeper. Es bewertet die Informationen initial, um entscheiden zu können, ob eines der Urprogramme aktiviert werden muss. Dabei kann es sich auch um etwas potentiell Interessantes, wie Nahrung sein. Wurde die Information vom Gate Keeper freigegeben, ist die nächste Instanz unser limbisches System. Zur genauen Funktionsweise des Limbischen Systems findest du in einem anderen Blogartikel von mir mehr. Wichtig zu wissen: Es ist unser Emotionszentrum und 95% aller Entscheidungen werden hier getroffen. Seine Aufgaben ist es, die Informationen, die sozusagen vom Gate Keeper freigegeben wurden, nochmal neu zu bewerten und Orientierung zu geben. In der Regel wird hier bereits die Kaufentscheidung getroffen. Wer jetzt denkt, Moment, wir wägen doch alles ganz rational ab – der irrt. Kaufentscheidungen sind gerade im B2C Kontext zum Großteil emotional. Der Neocortex schaltet sich dann ein, wenn es sich beispielsweise um ein teures Produkt oder ein unbekanntes Produkt handelt. Hier ist das subjektiv erlebte Kaufrisiko besonders hoch, weswegen wir dieses z.B. durch Informationsbeschaffung ausgleichen wollen. Der Neocortex sorgt somit auch dafür, dass unsere Impulse reguliert werden.

Der Einfluss des Reptiliengehirns im Marketing

Was nützt uns dieses Wissen nun im Marketingalltag? Grundlegend musst du dir folgende Frage stellen: Welche Informationen bzw. welchen Reiz benötige ich, damit das Reptiliengehirn zuschnappt?

Schauen wir uns hierzu einige Bereiche des Alltags an, in denen das Reptiliengehirn eine große Rolle spielt.

  1. Impulskauf:

Das Reptiliengehirn ist stark an der Verarbeitung von Impulsentscheidungen beteiligt. Es reagiert extrem schnell auf direkte Reize und kann starke emotionale Reaktionen hervorrufen.

  1. Schmerzvermeidung:

Das Reptiliengehirn ist darauf programmiert, Schmerz zu vermeiden. Dies kann physischer oder emotionaler Schmerz sein.

  1. Einfachheit und Klarheit:

Da das Reptiliengehirn komplexe Denkprozesse meidet, bevorzugt es klare und einfache Botschaften, einfache Sprache und eindeutige Bilder und Signale.

  1. Sozialer Beweis und Konformität:

Das Reptiliengehirn reagiert stark auf soziale Signale, was teilweise erklärt, warum der sog. Social Proof ein so mächtiges Werkzeug im Marketing ist. Die Tatsache, dass andere Menschen ein Produkt oder eine Dienstleistung nutzen und gutheißen, kann das Reptiliengehirn überzeugen, dass ein Kauf sicher und vorteilhaft ist. Influencer-Marketing ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Marken das Bedürfnis des Reptiliengehirns nach sozialer Bestätigung nutzen.

  1. Visuelle und emotionale Anziehung:

Das Reptiliengehirn ist sehr reaktionsfreudig auf visuelle Reize. Farbpsychologie, attraktive Bilder und emotionale Gesichtsausdrücke in der Werbung sind darauf ausgerichtet, dieses Gehirnsegment anzusprechen. Emotional aufgeladene Werbung, wie sie oft von großen Marken wie Coca-Cola oder Nike verwendet wird, nutzt Musik, Gesichtsausdrücke und eine packende Narration, um tiefgreifende emotionale Reaktionen zu erzeugen, die das Kaufverhalten beeinflussen.

Strategien zur Ansprache des Reptiliengehirns

  • Verwende starke, klare visuelle Reize: Bilder, die sofort Aufmerksamkeit erregen und leicht zu verarbeiten sind.
    • Erinnere dich auch daran: Bilder von Menschen erzeugen noch mehr Aufmerksamkeit, weil sie zu einer höheren Identifikation führen.
    • Multisensorisches Marketing
  • Schaffe ein Gefühl der Dringlichkeit: Limitierte Angebote und Countdowns, die sofortiges Handeln erfordern.
  • Direkte Ansprache von Emotionen: Werbung, die Freude, Angst oder Überraschung auslöst, kann sehr wirkungsvoll sein. Erinnere dich hier auch an meinen Artikel zu Schlüsselreizen und Emotionaler Konditionierung
  • Einfachheit in der Botschaft: Vermeide Komplexität in der Kommunikation, um schnelle Entscheidungsprozesse zu fördern.
  • Betone Gemeinschaft und Zugehörigkeit: Zeige, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung von vielen Menschen geschätzt wird #socialproof

Willst du mehr über den Einfluss den Reptiliengehirns bei Kaufentscheidungen und im Marketing lernen? Dann empfehle ich dir meinen Online Kurs Neuromarketing und Werbepsychologie – Grundlagen- & Praxisseminar.

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