Schlüsselreize

von Chrissy


#7 - Schlüsselreize I Konsumentenpsychologie I Chrissy's Marketing Corner

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Bildrechte der verwendeten Werbeanzeigen liegen bei den einzelnen Unternehmen

 

Was haben die Bilder zu Beginn meines Videos gemeinsam? Sie aktivieren – und zwar besonders stark. Woran das liegt? Diese Werbeanzeigen funktionieren durch sog. Schlüsselreize.

Was Schlüsselreize sind und warum sie in der Werbung so ein ausgesprochen starkes Tool sind, erfahrt ihr in diesem Artikel.

 

Was sind Schlüsselreize?

Schlüsselreize werden in der Verhaltensbiologie definiert, als für eine bestimmte Situation charakterisierte Umweltreize oder auch Reizkombinationen, die auf Grund von angeborenen Auslösemechanismen beim Individuum ein bestimmtes Verhalten auslösen oder aufrecht erhalten. Schlüsselreize können zudem auch die Orientierung einer Verhaltensweise ändern oder  über bestimmte motivierende Reize auch die Stimmungslage. Schlüsselreize existieren allerdings auch in erlernten Situationen. Hier sind die Reize stammesgeschichtlich besonders entwickelte Schlüsselreize, die eine soziale Kommunikation ermöglichen.

Vereinfach gesagt: Schlüsselreize, sind Reize auf die wir quasi automatisch reagieren, weil unsere Reaktion darauf bereits in angeborenen oder erlernten Verhaltensweisen verankert ist.

 

Welche Bedeutung haben sie für das Marketing?

Im Werbe-Kontext werden Schlüsselreize gezielt eingesetzt, um die Aufmerksamkeit des Konsumenten zu erregen und somit die Aufnahme der Werbebotschaft zu verstärken. So sollen sich Produkte und Marken in den Köpfen der Konsumenten festigen und im besten Fall die Kaufbereitschaft erhöhen.

Warum das ausgerechnet bei den sog. Schlüsselreizen der Fall sein soll, liegt daran, dass diese Art Reize zu den affektiven Stimuli zählen, was wiederum bedeutet, dass sie auf Grund angeborener oder konditionierter Reiz-Reaktionsmechanismen positive oder auch negative Emotionen auslösen.

Je nach subjektiver Interpretation des Reizes durch den Konsumenten, bewirkt das eine unterschiedliche Aktivierung. Beispielhaft dargestellt würde das bedeuten, dass ein starker Aktivierungsreiz, notwendig ist, um je nach Involvement-Situation (da haben wir das Involvement ja wieder), die Aktivierungsstärke entweder zu erhöhen (bei High-Involvement) oder generell Aktivierung zu erreichen (bei Low-Involvement). Dieser Prozess kann dann entweder ein bestimmtes Engagement, wie z.B. Kaufabsicht, beim Konsumenten auslösen, aber auch lediglich eine Zuwendung zur Werbebotschaft oder im schlechtesten Fall eine Vermeidung. Die endgültige Wirkung des werblichen Reizes hängt somit von der Art und Weise ab, wie er dargeboten wird (z.B. Intensität, Gestaltung, Dauer, etc.) und von der subjektiven Situation und Interpretation durch den Konsumenten.

Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass durch Schlüsselreize eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, beim Konsumenten Aktivierung und somit idealerweise positive Emotionen auszulösen, was – wenn ihr euch an die emotionale Konditionierung erinnert – dazu führen kann, dass er eure Marke/ eurer Produkt mit der positiven Emotion verbindet, was beispielweise zu einer besseren Erinnerung eurer Marke/ eures Produktes und somit im besten Fall zum Kauf führen kann.

 

Was sind besonders wirksame Schlüsselreize?

Wenn ihr euch die Werbeanzeigen aus dem Video noch einmal anschaut, könnt ihr darin bereits die drei am häufigsten verwendeten Schlüsselreize erkennen:

 

Das Kindchenschema

Das Kindchenschema stellt einen emotionalen Schlüsselreiz dar. Es ist eine bestimmte Kombination von körperlichen Merkmalen, die beim Menschen zum unmittelbaren Erkennen eines kindlichen Entwicklungsstandes führen und dabei positive Gefühlsreaktionen hervorrufen, meist sogar verbunden mit einem Gefühl der Fürsorge und Verantwortung. Charakteristika des Schemas sind u.a. große Augen, großer Kopf und eine kleine Nase.

Kindchenschema

 

 

 

 

 

 

Bildrechte DKMS und Kleenex

In der Werbung ist das Kindchenschema ein beliebtes Mittel, da man es als „sicheren“ Schlüsselreiz bezeichnen könnte, auf den die meisten Menschen in irgendeiner Form reagieren werden – meistens positiv. Ein Verknüpfung der positiven Emotion mit der beworbenen Marke/ dem Produkt ist somit sehr wahrscheinlich.

Ähnlich verhält es sich auch mit Tierbabies in der Werbung. Auch sie erfüllen das sog. Kindchenschema.

Besonders positiv bei der Verwendung des Kindchenschemas ist, dass Werbung mit Kindern und Tieren zu solchen gehören, die vom Konsumenten am häufigsten „freiwillig“ gesehen wird. Zudem können Kinder und Tiere mehr bewerben, also nur Kinder- und Tierprodukte.

 

Erotik

Erotische Reize gelten als besonders wirksam , weshalb der Ausdruck „sex sells“ einerseits zu einem Leitspruch der Werbeindustrie geworden ist und andererseits zu einem beliebten Konstrukt. Auch wenn durch die verschiedenen Medien eine weite Verbreitung erotischer Werbung gewährleistet wird, ist es dennoch in erster Linie entscheidend, wie dieses spezielle Werbemittel vom Konsumenten wahrgenommen wird und welche Wirkung es letztendlich hat. Erotik gilt als besonders wirksam, da es sich hierbei um einen emotionalen Schlüsselreiz handelt, mit dem die Aufmerksamkeit des Konsumenten erregt und somit eine Verstärkung der Aufnahme der Werbebotschaft erzielt werden kann. Allerdings besteht hier gleichzeitig auch die Gefahr von Ablenkungseffekten, wie dem sog. Vampireffekt.

Schlüsselreiz Erotik

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bildrechte Jennifer Lopez Beauty

Erotik in der Werbung bzw. „sex sells“ wird heutzutage allerdings auch kritisch hinterfragt. Studien belegen, dass vor allem Männer, bei Werbung mit erotischem Inhalt, sich größtenteils an das beworbene Produkt/ die Marke nicht mehr erinnern.

Ich habe zum Thema Erotik in der Werbung übrigens meine Masterarbeit geschrieben. Hier habe ich durch eine empirische Untersuchung mit Eye-Tracking, Befragung und Hautwiderstandsmessung auch weitere interessante Hypothesen zum Thema Sex Sells aufgestellt und überprüft. Eines meiner Ergebnisse war, dass Erotik in der Werbung vor allem bei der jüngeren Generation (meine Zielgruppe hatte ein Durchschnittsalter von 23 Jahren) nicht mehr so wirksam ist, da diese Generation mit nahezu Normalität von Sex und Erotik in den Medien aufwächst und somit quasi „abgehärtet“ ist – der Neuartigkeitseffekt ist somit nicht mehr gegeben.

Wenn euch meine Masterarbeit und die Ergebnisse interessieren, könnt ihr sie demnächst über meine Website (kostenpflichtig) herunterladen 😉

 

Überraschung

Ein weiterer Effekt, der kaum als Schlüsselreiz bekannt ist, ist Überraschung. Hierbei geht es um Darstellungen in der Werbung, die der Konsumente nicht gewohnt ist, die ihn also überraschen.

Das können abstruse Kombinationen von Bildern sein, unerwartet Handlungen von Protogonisten, krasse Gegensätze, Schockwerbung uvm.

Sie aktivieren eben durch genau diese Neuartigkeit. Das ungewohnte bleibt dem Konsumenten viel mehr im Gedächtnis, da hier noch kein Schema in seinem Kopf hinterlegt ist, auf welches er zurückgreifen und es im schlechtesten Fall auch einfach wieder ablegen kann.

Schlüsselreiz Überraschung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bildrechte Weight Watchers

 

Zusammenfassend

Schlüsselreize sind ein einfaches und wirksames Mittel, um den Konsumenten zu aktivieren. Durch ihr hohes Aktivierungspotential ist es möglich, die Aufmerksamkeit des Kunden zu erregen und somit unsere Marke bzw. unser Produkt besser in seinem Gedächtnis zu verankern und im Idealfall seine Kaufbereitschaft zu erhöhen.

Doch Vorsicht: man sollte sich vorher gut überlegen, welche Art von Schlüsselreiz man einsetzen möchte. Wie bereits erwähnt, kann es gerade im Umgang mit erotischen Reizen zum sog. Vampireffekt kommen. Übertrieben überraschende Reize – z.B. Schock, Ekel, Angst – können beim Konsumenten auch zu Ablehnung und den bereits erklärten unerwünschten Aktivierungseffekten führen.

 

 

 

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