Werbepsychologie im Funnel: Warum zum Teufel habe ich das geklickt?

Du ertappst sich sicherlich häufiger dabei, dass du, während du auf Social Media unterwegs bist, irgendeine Ad oder einen Beitrag klickst und dich im Nachhinein dann fragst: warum zum Teufel habe ich das jetzt eigentlich geklickt?

Die Antwort darauf, liegt natürlich in der Psychologie. Viele Werbetreibende wissen gar nicht, dass sie mit ihren Botschaften und Visuals (werbe)psychologische Konzepte bedienen. Ob du dir dessen nun nicht bewusst bist oder es schlicht nicht tust, in diesem Artikel zeige ich dir, welchen Einfluss Werbepsychologie im Funnel.

Der Mythos vom Buy Button

Als Werbetreibende wollen wir doch alle nur eins: einen Blick in die Köpfe unserer Konsument:innen gewinnen. Seit Jahrzehnten hält sich der Mythos eines Buy Buttons, doch diese Enttäuschung darf ich gleich vorwegnehmen: Den Buy Button gibt es nicht.

Vielmehr müssen wir verstehen, wie Wahrnehmung funktioniert und an dieser Stelle möchte ich ein altbekanntes Konzept wiederholen, zu welchem du in der Marketingcorner zahlreiche Beiträge finden wirst: Das Stimulus-Organismus-Response Model und die Black Box der Konsument:innen.

Quelle: in Anlehnung an Meffert, H./Burmann, Ch./Kirchgeorg, M. (2012): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, S. 103, 11. Auflage, Wiesbaden.
Quelle: in Anlehnung an Meffert, H./Burmann, Ch./Kirchgeorg, M. (2012): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, S. 103, 11. Auflage, Wiesbaden.

Unsere Zielgruppe nimmt beispielsweise unsere Werbeanzeige (Reiz) wahr, dann passiert etwas in ihren Köpfen und was wir als Werbetreibende dann wieder beobachten können, ist der Output, nämlich ob die Peron z.B. geklickt oder gekauft hat. Doch das Warum des Outputs kennen wir in der Regel nicht. Hier spielen die sog. aktivierenden und kognitiven Prozesse eine Rolle.

  • Kognitive Prozesse sind all jene Prozesse rund um Wahrnehmung, Lernen und Gedächtnis.
  • Aktivierende Prozesse umfassen Emotionen, Motivation und Einstellung.

Beide Prozesse beeinflussen, wie wir Informationen wahrnehmen und verarbeiten und damit unsere Response.  Wenn du dich ausführlicher mit aktivierenden und kognitiven Prozessen beschäftigen möchtest, dann empfehle ich dir meinen Artikel hierzu.

Für dich als Praktiker:in im Marketing sind vor allem die aktivierenden Prozesse spannend, denn hier beginnt unsere Stellschraube.

Wiederholung: Aktivierende Prozesse

Aktivierende Prozesse sind Vorgänge, die mit innerer Erregung und Spannung verbunden sind und treiben das menschliche Verhalten sozusagen an. Zu den aktivierenden Prozessen gehören Emotionen, Motivationen und Einstellungen. Die Komponenten bauen aufeinander auf. Sie erklären so das Zustandekommen menschlichen Verhaltens.

Quelle: In Anlehnung an Foscht/Swoboda (2011): Käuferverhalten. Grundlagen – Perspektiven – Anwendungen, S. 37, Wiesbaden; Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten, S. 55 ff., 9. Auflage, München.
Quelle: In Anlehnung an Foscht/Swoboda (2011): Käuferverhalten. Grundlagen – Perspektiven – Anwendungen, S. 37, Wiesbaden; Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten, S. 55 ff., 9. Auflage, München.

Dreh- und Angelpunkt ist also vor allem gleich zu Beginn die Aktivierung und wie dieser Reiz interpretiert wird (natürlich spielen Voreinstellungen und weitere Komponenten eine Rolle). Aufmerksamkeit generieren und zu verstehen, wann, wie und was die Aufmerksamkeit meiner Zielgruppe erregt, ist das A und O – also letztlich die Antwort auf die Frage: Warum zum Teufel habe ich das jetzt geklickt.

In dem Zusammenhang spielt das sog. Involvement eine sehr wichtige Rolle.

Die Rolle von Involvement im Funnel

Das Involvement beschreibt den Grad der Ich-Bereitschaft einer Person, sich mit einer (Werbe)Botschaft auseinanderzusetzen. Dabei kann das Involvement niedrig (low Involvement) oder hoch (high Involvement sein. Kurzum: das Involvement eines/einer Konsument:in, entscheidet darüber, ob er oder sie sich mit unserer Werbebotschaft auseinandersetzt oder nicht. Eine ausführliche Beschreibung zum Thema Involvement findest du hier in diesem Blog von mir.

Das wichtigste für dich auf einen Blick:

  • Low Involvement bedeutet flüchtige Reizwahrnehmung, kein akuter Bedarf, anfällig gegen Beeinflussung, affektive Verarbeitung und nur flüchtige Informationsspeicherung à salopp gesagt Kaltakquise
  • High Involvement bedeutet intensive Reizverarbeitung mit klarer Aufmerksamkeit, kognitive Verarbeitung, eher resistent gegen Beeinflussung und dauerhafte Informationsspeicherung

Um Konsument:innen in ihrer jeweiligen Involvement-Situation zu erreichen, müssen die dargebotenen Reize der Werbebotschaft bei ihnen zur Aktivierung führen. Hierfür habe ich eine kleine Übersicht über die Charakteristika von werblicher Kommunikation im High und Low Involvement:

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Trommsdorff (2009), Konsumverhalten, S. 50, 7. Auflage, Stuttgart.

Die schlechte Nachricht ist: Der Großteil eurer potentiellen Zielgruppe befindet sich im Low Involvement. Die gute Nachricht: Man kann low involvierte Konsument:innen in high involvierte konvertieren und wie, zeige ich dir jetzt.

Best Practices: Welche werbepsychologischen Faktoren funktionieren in welcher Funnelstufe

Schauen wir uns hierfür die klassischen Funnelstufen im Online Marketing an: Awareness, Consideration und Conversion. Diese Stufen lassen sich nach Grad des Involvements unterteilen und es gibt verschiedene Trigger, die in der jeweiligen Stufen besonders gut wirken.

Involvement Funnel Social Media

Awareness-Phase

In der Awareness-Phase befindet sich deine (potentielle) Zielgruppe in der Regel im Low Involvement. Sie weiß ggf. noch gar nicht, dass sie einen Bedarf hat. Ein perfektes Beispiel hierfür sind Diät- und Fitnessprodukte. Während wir um die Neujahrszeit häufig hoch involviert sind (gute Vorsätze und so) und daher empfänglich für entsprechende Werbung sind, kann uns das gleiche Produkt zu einer anderen Zeit, salopp gesagt, am A vorbeigehen, auch wenn wir noch so viel Werbung und Rabatte sehen.

Was funktioniert in der Awareness-Phase besonders gut?

  • Affektive Reize: Auffällige Farben (Signalfarben), Bilder (statt Text und wenn Text, dann eine einfache Sprache). Farben suggerieren uns Emotionen und Dringlichkeiten und Bilder vermitteln uns in Sekundenbruchteilen Informationen, die uns entscheiden lassen, ob der Inhalt für uns interessant ist oder nicht. Mehr Infos zu Farbpsychologie findest du hier.
  • Meschen: Gesichter von Menschen in der Werbung werden vom Gehirn speziell verarbeitet, besser gespeichert und erinnert. Wir identifizieren uns mit anderen Menschen und unsere Aufmerksamkeit ist automatisch höher, wenn wir Bilder von anderen Menschen sehen.
  • Bewegtbild: Bewegbild generiert grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit, da auch dies vom Gehirn speziell verarbeitet, besser gespeichert und erinnert wird.

Consideration-Phase

In der Consideration-Phase hat unsere (potentielle) Zielgruppe bereits von uns gehört, im besten Fall sogar schon mal mit uns interagiert. Es ist nun keine Kaltakquise mehr. Es gilt, das Gedächtnis unserer Konsument:innen aufzufrischen und sie zu überzeugen.

  • Rezensionen & Social Proof: Menschen wie du und ich haben das Produkt bereits getestet und für gut befunden. Der Social Proof ist in dieser Phase entscheidend. Wir fühlen uns sicherer, wenn andere die Kaufentscheidung bereits gefällt haben. Unser subjektiv erlebtes Kaurisiko wird dadurch reduziert.
  • Rabatte: Rabatte zählen zu den affektiven Stimuli. Sie suggerieren uns, dass wir einen guten Deal machen können und idealerweise auch einen besseren Deal als bei der Konkurrenz. Besonders wichtig ist es, Streichpreise als Referenz anzugeben und dass der Rabatt groß genug ist (mind. 20%), damit sich der gefühlte Aufwand für den/die Konsument:in lohnt. Rabatte können in der Consideraton-Phase schon der entscheidende Trigger zum Kauf sein. Mehr Infos zum Thema Preispsychologie findest du hier.
  • USPs: Fakten, Fakten, Fakten. Wir sind angefüttert und wollen nun überzeugt werden, warum dein Produkt besser ist als das der Konkurrenz. Zeige USPs – egal ob schriftlich oder sogar in Videoform. Vor allem kurze Videos, mit dem Aufbau „Problem – Produkt – Lösung – USPs“ kommen besonders gut an, da sie zum einen relatable sind und zum anderen mein potentielles Kauferlebnis widerspiegeln.

Conversion-Phase

Jetzt kommt’s drauf an: Der/die Kund:in soll kaufen, der letzte Impuls muss gesetzt werden.

Auch hier funktionieren wieder besonders gut:

  • Rabatte
  • Rezensionen
  • USPs

Aber auch

  • Personalisierte Ansprache: Bei personalisierter Ansprache greift unter anderem das Prinzip der Reziprozität. Wir fühlen uns in der Bringschuld, wenn uns jemand ein personalisiertes Angebot macht, das ganz speziell für uns ausgewählt wurde. Es stärkt zudem Identifikation und erhöht das Vertrauen in die Marke.
  • Produkt im Fokus: Stelle dir das so vor, wie bei einer Miss-Wahl. Die Kandidat:innen verkaufen sich erst mit all ihren Vorzügen, aber ganz zum Schluss tritt jede einzelne nochmal auf die Bühne, um das Gesamtpaket (sich selbst) rein visuell (affektiv) nochmal zu präsentieren. Die Person (in unserem Fall das Produkt) repräsentiert optisch nochmal alle Argumente.

Wenn du dich jetzt also immer noch fragst: Warum zum Teufel habe ich das jetzt geklickt? Dann, weil dich die richtigen Reize in deiner persönlichen Involvement Situation abgeholt haben.

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