Gen Z & Sex Sells. Der Fakten-Check.

von Chrissy


Von Werten, Tinder und Selbstwahrnehmung der Generation Z.

#98 I Gen Z & Sex Sells? Der Fakten-Check I Dissertation Teil 2

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Disclaimer: Die nachfolgenden Aussagen, Ergebnisse und Behauptungen sind Erkenntnisse aus meiner Dissertation zum Thema „The Effect of Erotic Messages in the Information Management in Advertising in the Context of the Feminism of Generation Z“.  Grundlage für diese ist meine Forschung, basierend auf dem aktuellen Forschungsstand,  einer repräsentativen Umfrage mit 355 Vertreter:innen der Generation Z, einem Werbewirkungstest mit genannter Zielgruppe und Experteninterviews. Wie immer gilt: Ausnahmen gibt es immer und es ist nicht meine Intention, Personen mit meiner Arbeit zu verärgern, zu schaden oder zu diskriminieren. Die Aussagen sind zudem stark gekürzt und auf die wesentlichen Informationen reduziert. Als Quellenbelegt dient meine Doktorarbeit.

„Gen Z ist laut Studie die queerste Generation aller Zeiten“ – so lautete 2021 eine Headline der Vogue (Lang 2021). Die Vogue bezog sich dabei auf eine Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Gallup. Dieses befragte über 15.000 US Amerikaner ab 18 Jahren zu ihrer sexuellen Orientierung. Dabei kam heraus, dass 15,9% der Generation der sog. LGTB(Q+) Community angehören. Das sind fast doppelt so viele wie bei der Generation Y, fünfmal so viele wie bei der Generation X und fast achtmal so viele wie bei den sogenannten Baby Boomern (Jones 2021).

Diese Studie suggeriert einen offenen Umgang der Generation Z mit Sexualität. Wenn man sich die Social Media Profile bekannter Influencer aus dieser Generation ansieht, könnte man dies blind unterschreiben. Auch der große Erfolg von Plattformen wie OnlyFans stützen diese Annahme.

Doch was steckt dahinter? Ich habe mich deshalb im Rahmen meiner Doktorarbeit auch mit der Sexualität der Generation Z beschäftigt. Meine wichtigsten Erkenntnisse findet ihr hier zusammengefasst.

Sexuelle Selbstwahrnehmung der Gen Z

Ein Interview des Magazin Vice mit Personen aus der Generation Z gibt Einblicke, über das Verhältnis der Generation Z zu Sexualität und Beziehung. Ein paar Aussagen fand ich besonders interessant:

„Wenn ich nur mit jemandem rummache und diese Person fragwürdige Ansichten hat, würde ich trotzdem mit ihr schlafen und gut ist. Aber wenn es um Grundsätze geht, wenn jemand zum Beispiel anti-feministisch oder rassistisch ist, ist das vom Tisch. Aber ich überprüfe Leute erst richtig, wenn wir ernsthaft daten.“ so eine der Teilnehmerinnen (Baah 2020).

Eine Teilnehmerin beschreibt, dass ihr ein Job und Einkommen wichtiger sei als Dating und manchmal sogar Freunde. Grund sei die Verlässlichkeit eines sicheren Jobs.

Andere betonen, wie wichtig das Bedürfnis das Sicherheit ist, wenn es um den Beziehungsstatus geht. So sei ein Beziehungsstatus, der nicht offiziell ausgesprochen und definiert wurde, nicht verbindlich. „Man muss es definitiv klar aussprechen – es ist doch unangenehm, wenn niemand was sagt“, so eine Teilnehmerin (Baah 2020).

Eine Teilnehmerin sprach außerdem über die Nutzung der Dating-App Tinder und dass diese ein verzerrtes Bild der Realität zeige. „Apps wie Tinder erfordern einen gewissen Look“, heißt es. Die Personen würden in der Realität meist attraktiver aussehen, als auf ihrem den Erwartungen angepassten Profilbildern (Baah 2020).

Good to know: Tinder gehört mit zu den wichtigsten Dating-Plattformen der Generation Z. Die Dating-App veröffentlichte dazu 2019 einen Jahresrückblick „Tinders 2019 Year in Swipe®“. Der Report gibt einen Überblick über die wichtigsten Themen, über die die Generation Z im Jahr 2019 über die App kommuniziert hat. Zu den wichtigsten Erkenntnissen zählen, dass die Generation Z ihre Profile vor allem nutzen, um zu zeigen, wofür sie einstehen. Statt Reisen werden vor allem gute Zwecke oder Missionen erwähnt. Worte wie „Klimawandel“, „“soziale Gerechtigkeit“ „Umwelt“ oder „Waffenkontrolle“ gehörten zu den am häufigsten verwendeten Begriffen. Zudem nutzten 2019 im Vergleich zum Vorjahr 30% mehr Nutzer das Tinder-Feature „Weitere Geschlechter“. Die Nutzung des Regenbogen-Emojis in Tinder-Bios ist  um 15% gestiegen. Auch Begriffe, wie „Feminist/in“ und „queer“ gehören zu den meist genutzten Begriffen. (Tinder 2019).

Die Erkenntnisse von Gallup, Vice und Tinder zeigen die zunehmende Bedeutung von Diversität in der Generation Z und den hohen Stellenwert ihrer politischen und gesellschaftlichen Werte, welche sie über ihr Bedürfnis nach festen Bindungen und Partnerschaften stellen.

Fremdbild: Wahrnehmung von Erotik und Sexualität in der Werbung

Doch wie sieht es mit der Fremdwahrnehmung der Generation Z aus? Wie beurteilen sie Sexualität, Freizügigkeit und Erotik in der Werbung? Oder auch auf Profilen anderer? Dies habe ich im Rahmen meines Werbewirkungstests untersucht.

Bei dem Test habe ich meinen Probanden je 5 fiktive Werbeanzeigen mit einem weiblichen und männlichen Model gezeigt. Die Anzeigen unterschieden sich hinsichtlich der Bekleidung der Models (normal angezogen vs. Sehr freizügig) und dem Ausdruck der Models (sexy vs. Normal). Die fünfte Anzeige wurde im Kontext des Femvertisings (mit einem Pendant für das männliche Model) gesetzt. Die Anzeigen mussten sie dann in Bezug auf unterschiedliche Faktoren bewerten. Zum Beispiel, ob sie die Kleidung/den Gesichtsausdruck/ die Pose es Models als (zu) sexy oder sexistisch empfinden oder ob sie das Produkt auf Grund der Anzeige kaufen würden. Zudem mussten die Probanden verschiedene Aussagen zum Thema Sexualität, Feminismus und Sexismus (hierzu mehr in Teil 3) beantworten.

Werbewirkungstest, 5 fiktive Anzeige zur Wirkung von Erotik in der Werbung, Dissertation, Generation Z

Folgende Ergebnisse möchte ich euch nicht vorenthalten:

  • Die Selbstdarstellung der Generation auf Social Media entspricht häufig geschlechterspezifischen, klassischen Stereotypen (sich als männliche identifizierende Probanden präsentieren sich stark und maskulin, weibliche hingehen schutzbedürftig und niedlich), wird aber nicht als negativ bewertet.
  • Die Generation Z bewertet freizügige Kleidung als sexy (angenommen wurde, dass dies nicht der Fall ist)
  • Die Generation Z bewertetet sexualisierten Kontext (Posen/ Ausdruck des Models) nicht als sexy.
  • Personen, die sich als sexuell aufgeschlossen bezeichnen, bewerten die Pose/ den Ausdruck des Models in den entsprechenden Anzeigen genauso sexy wie Personen, die sich als nicht sexuell aufgeschlossen bezeichnen.
  • Freizügige Kleidung und ein “sexy” Auftritt auf Social Media (selbst oder von Influencern) wird neutral bis positiv bewertet und hat nichts mit Sexismus oder Anti-Feminismus zu tun.
  • Denn: Sexualität und Erotik ist für die Generation Z mehr ein Ausdruck von Selbstbestimmung und Individualität und als (politisches) Statement zu verstehen.
  • Auf Grund der anderen Wahrnehmung von Erotik und Sexiness lässt sich zudem schließen: „sex sells“ funktioniert bei der Generation Z nicht im herkömmlichen Sinne und ist somit kein geeignetes werbliches Mittel zur positiven Beeinflussung des Kaufimpulses oder der Marken- und Unternehmensbeurteilung.
About

Welche Teile der Dissertationsreihe gibt es?

Teil 1: Who’s this Gen Z?  Wie sie konsumiert, welche Kanäle sie benutzt, welche Werte ihr besonders Wichtig sind.

Teil 2: Gen Z & Sex Sells? Der Fakten-Check.

Teil 3: Gen Z – die (anti) feministischste Generation aller Zeiten? Wie die Generation Z zu Feminismus und Sexismus steht.

Teil 4: How to advertise Gen Z?

 

Anmerkung: Anfragen zur Zusendung meiner Dissertation lehne ich ab. Für Statements und Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

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