September-Nikoläuse
Weihnachten im Handel beginnt ja – und nicht nur gefühlt – schon immer im September. Die Regale in den Supermärkten quillen schon über vor lauter Lebkuchen, Spekulatius und Schoko-Weihnachtsmännern und jedes Jahr fragen wir uns: Warum?
Ganz einfach: weil wir es so wollen. Glaubt ihr nicht? Tatsächlich ist es aber so, dass der Handel seit Jahrzehnten auf die Bedürfnisse seiner Kunden reagiert und diese haben sich dahingehend entwickelt, dass das „Verlangen“ nach Weihnachtsnascherein bereit gut 3 Monate vor Weihnachten auftaucht. Dabei ist es auch ein Irrglaube, dass die Supermärkte jedes Jahr früher damit anfangen. September ist der früheste Start. Vorher macht wegen Sommerurlauben und der Hitze für den Handel keinen Sinn.
Und auch das Gefühl dann bereits vor der Weihnachtszeit übersättigt zu sein, stimmt nicht. Denn die Verkaufszahlen im Handel steigen in den Wintermonaten nochmal rapide an.
Also wenn ihr euch das nächste Mal über Nikoläuse und Co. im September aufregt, dann schaut doch mal wann bei euch und den anderen Kunden der erste Lebkuchen im Einkaufswagen landet. Ich gestehe: ich schaufel mir im September gerne schon mal meine ersten gefüllten Lebkuchenherzen rein 😛
Das hatte jetzt erstmal nicht viel mit Marketing zu tun. Es war mir allerdings ein Bedürfnis mal mit diesem Thema aufzuräumen.
Viel spannender ist jedoch, was sich ab Mitte November im TV so tut. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt starten die Weihnachtswerbespots der großen Kreativagenturen.
Weihnachtswerbung im TV
In vielen Firmen ist kaum ein Werbeetat so hoch, wie der für den neuen Weihnachtsspot. Warum versprechen sich Unternehmen so viel vom Weihnachtsgeschäft? Das hat vor allem drei wesentliche Gründe:
- Die Kaufbereitschaft der Konsumenten um die Weihnachtszeit ist höher als unterm Jahr
- Weihnachten ist ein hoch emotionales Thema (emotionale Konditionierung!) und eignet sich deshalb perfekt, um die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erlangen
- In der kalten Jahreszeit wird vermehrt ferngeschaut und somit (trotz Netflix und Co.) auch Werbung
Um zu veranschaulichen auf welche werbepsychologischen Strategien Unternehmen setzen, um Kunden anzusprechen, möchte ich für euch zwei unterschiedliche Spots analysieren.
- Den aktuellen Weihnachtswerbespot von Penny
- Den Weihnachtswerbespot von Conrad Electronics von 2017
1. Penny Weihnachtswerbespot 2018
Unter dem Motto „Weihnachten braucht nicht viel. Nur Liebe.“ hat der Discounter Penny dieses Jahr seine Weihnachtssaison eröffnet. In dem animierten Kurzfilm geht es um den kleinen Emil und seine Mutter, die in sehr einfachen Verhältnissen leben. Emils Mutter kann ihm deshalb nicht jeden Wunsch erfüllen, was gerade zur Weihnachtszeit für beide sehr schwer ist. Alles wendet sich jedoch zum Guten, als Emils Mutter eine tolle Idee hat und für ihren Sohn ein fantasievolles Winterwunderland in ihrem Haus zaubert – „ohne Geld, aber dafür mit ganz viel Liebe“.
Penny spricht hier ein hoch emotionales Thema an: Armut und Menschen, für die Weihnachten eher eine schwere als eine besonders schöne Zeit ist.
Der Spot bedingt sich dabei verschiedener werbepsychologischer Elemente:
- Kinder: wie ihr bereits wisst, sind Kinder ein besonders starker Reiz in der Werbung – auch, wenn es sich hier um eine animierte Figur handelt. Auf Grund des Kindchenschemas, der für uns als Schlüsselreiz fungiert, werden Emotionen ausgelöst.
- Ein Brennpunktthema: Armut und soziale Ungerechtigkeit. Das sind Themen, die auch in Deutschland real sind und viele Menschen betreffen. Penny möchte mit seinem Spot darauf aufmerksam machen und schafft Awareness bei den Konsumenten.
- Menschen wie du und ich: eine alleinerziehende Mutter mit Kind. Auch damit trifft Penny den Puls der heutigen Zeit. Es ist eine Familie, wie es sie heute sehr oft gibt und Penny zeigt, wie schwer es manchmal sein kann.
- Emotionale Musik: wie ihr wisst, reagieren wir auf Musik besonders intensiv. In diesem Fall unterstreicht der Tonus der Musik die Stimmungen im Spot. Sie gibt uns letztendlich vor, wie wir uns fühlen sollen.
- Ein guter Claim: „Weihnachten braucht nicht viel. Nur Liebe.“ Penny ruft hier einerseits zur Besinnung auf das Wesentliche auf und andererseits schlagen sie mit dem Claim den Transfer zu ihrem USP: wir sind günstig – jeder kann bei uns mit wenig Geld, viel kaufen.
- Der Twist: eine gute Wendung ist nicht nur in Filmen ein wichtiges Element, sondern auch in der Werbung. Hier schafft es Penny mit der Idee der Mutter und der Überraschung für ihren Sohn. Die Emotionen verändern sich, die Musik passt sich an. Wir fühlen uns erleichtert und glücklich.
Wie ihr seht, hat Penny dieses Jahr einiges richtig gemacht. Generell sind Kinder, aber auch ältere Menschen, ein beliebtes „Instrument“ in Weihnachtswerbespots. Gepaart mit der richtigen Musik, einer guten Story und regelmäßiger Darbietung (emotionale Konditionierung!) sind sie die Zutaten für einen aufmerksamkeitsstarken Spot und Kunden, denen man im Gedächtnis bleibt.
Nun kommen wir zu einem Spot, der ganz anders aufgebaut ist und trotzdem seine Wirkung nicht verfehlt hat.
2. Conrad Electronic Weihnachtswerbespot 2017
Copyright: Conrad Electronics
Conrad nimmt in seinem Spot alles auf die Schippe, was andere Unternehmen so wohl überlegt in ihren Weihnachtsspots nutzen, um diese so emotional wie möglich zu gestalten.
Der Spot startet dabei mit einer Sprachnachricht vom Chef, der, wie man es von einem Agenturkunden kennt, alles erzählt, was er sich für seinen Spot vorstellt, aber eigentlich keine genaue Vorstellung hat und die Werbeagentur „soll halt mal machen“. Das Ergebnis ist ein überspitzt, exakt an den Vorstellungen des Chefs gehaltener Spot „1:1 umgesetzt“:
- Fröhliche Kunden im Laden
- Weihnachtliche Hintergrundmusik
- Produkte im Vordergrund
- Jemand, der die Jugend anspricht – muss aber trotzdem zu Conrad passen
- Traurige Werbung mit einem Opa inkl. Produktpräsentation
- Vielfältigkeit zeigen –> Die Conradbibel
- Modern sein = Roboter
- Website nicht vergessen („wir sind im digitalen Zeitalter angekommen“).
- Logo, um Markenpräsenz zu zeigen
- Mobile First
Conrad setzt hier auf das Element Humor, welches bei uns für besonders positive Emotionen sorgt und ruft beim Rezipienten gleichzeitig Assoziationen von ihm bekannten Mustern und Werbespots hervor, wie beispielsweise die „traurige Werbung mit dem Opa“. Conrad schlägt so zwei Fliegen meiner einer Klappe:
- Die Assoziation der eigenen Marke mit ihrem Spot
- Die Assoziationen anderer Marken und Spots (durch die Parodien) mit ihrer Marke
Und mal ehrlich: so einen Carsten kennen wir Marketer doch alle 😉
Ihr seht, man kann Weihnachtswerbespots auf sehr unterschiedliche Weisen gestalten und so in den Köpfen der Konsumenten hängen bleiben.
Welche Weihnachtspots sind euch im Kopf geblieben?
[unbezahlte Markennennung]