Im Zusammenhang mit den kognitiven und aktivierenden Prozessen habe ich bereits das Thema Involvement erwähnt. Dort schrieb ich, dass es wichtig sei, die Determinanten der Informationssuche und der Informationsaufnahme (zwei Stufen der kognitiven Prozesse) zu kennen und eine dieser Determinanten sei das sog. Involvement und dass das Involvement besonderes wichtig im Zusammenhang mit der Aufmerksamkeit des Konsumenten sei.
Da das Involvement eines Konsumenten in vielerlei Hinsicht eine maßgebliche Rolle im Marketing spielt, widme ich diesem Konstrukt einen ganzen Artikel. Es wird uns auch künftig immer wieder begegnen und vor allem in der Werbeanalyse eine wichtige Rolle spielen.
Was ist Involvement?
Hier gibt es vielerlei Definitionen, aber eine sehr gängige und aus meiner Sicht auch eine der Treffendsten, ist die des Marktforscheres und Werbeberaters Dr. Ulrich Lachmann. Lachmann beschreibt Involvement als den Grad der Bereitschaft des Konsumenten sich mit einem Thema auseinanderzusetzen.[1] Dabei kann der Grad der Bereitschaft hoch (High Involvement) oder niedrig (Low Involvement) sein: Kurzum: das Involvement eines Konsumenten, entscheidet darüber, ob er sich mit unserer Werbebotschaft auseinandersetzt oder nicht.
Kurzum: das Involvement eines Konsumenten, entscheidet darüber, ob er sich mit unserer Werbebotschaft auseinandersetzt oder nicht.
Lachmann unterscheidet hier noch weitere Formen des Involvements: das persönliche Involvement und das situative Involvement. Diese unterscheiden sich vor allem in der Dimension Zeit voneinander.
Persönliches Involvement
Das persönliche Involvement ist ein langfristig anhaltendes Involvement und kann als eine Art Grundinteresse des Konsumenten verstanden werden, welches mit Einstellungen und Überzeugungen zusammenhängt.
Situatives Involvement
Das situative Involvement bezieht sich lediglich auf aktuelle Situationen. Dabei wird nochmals unterschieden in Phasen-Involvement und Anlass-Involvement.
- Das Phasen-Involvement bezieht sich auf aktuelle Situationen, kann Tage bis Monate andauern und betrifft Kaufprozesse des höherwertigen Bedarfs.
- Das Anlass-Involvement bezieht sich auf kurzfristige Phasen, kann nur Sekunden bis Stunden dauern und betrifft akute Anlässe und Bedürfnisse.
Zur vereinfachten Darstellung der Definition der Involvement-Situation des Konsumenten wird in der Literatur jedoch häufig lediglich zwischen High-Involvement und Low-Involvement unterschieden, so dass auch ich im Rahmen dieses Blogs in erster Linie zwischen diesen beiden Dimensionen unterscheiden werde.
Was bedeutet das also für das Marketing?
Um den Konsumenten in seiner jeweiligen Involvement-Situation zu erreichen, müssen die dargebotenen Reize der Werbebotschaft bei ihm zur Aktivierung führen (das Wort kennen wir bereits). Denn Aktivierung kann gerade im Low Involvement zum sog. Folge-Involvement führen – sprich: der Reiz wirkt so stark/ gut, dass sich der Low Involvierte Kunde der Botschaft zuwendet. Man kann Low Involvement also umwandeln.
Folgende Charakteristika von werblicher Kommunikation im High und Low Involvement könnt euch dabei als kleine Hilfestellungen nehmen:
Quelle: in Anlehnung an in Anlehnung an Trommsdorff (2009), Konsumverhalten, S. 50, 7. Auflage, Stuttgart.
Im Grunde genommen, ist es quasi unerlässlich, sich genau mit seiner Zielgruppe auseinanderzusetzen und zu wissen, in welchem Involvement sie sich befindet, um darauf die Werbemaßnahmen auch entsprechend auszurichten. In Zeiten des Information Overload ist es nicht besonders sinnvoll, sie einfach nur oft genug mit allen möglichen Werbebotschaften zu kontaktieren. Man muss hier weg vom Bild des armen Konsumenten, der vor lauter Werbebotschaften überhaupt nicht mehr aufnahmefähig ist – falsch. Wir alle besitzen die Fähigkeit zu selektieren. Wir filtern Werbebotschaften von vornherein und maßgeblich entscheidend für diesen Filter ist unser Involvement.
Ein Beispiel: Neujahr ist DIE Zeit für alle Unternehmen der Abnehm- und Fitnessindustrie (gute Vorsätze und so) und man kommt weder im Fernsehen, noch online oder Out-of-Home, um die zahlreichen Werbebotschaften herum. Sollte ich allerdings nicht gerade zu der Zielgruppe gehören, die sich Neujahr für das Thema Abnehmen interessiert, weil ich keinen (akuten) Bedarf habe, werde ich für all diese Werbebotschaften unempfänglich sein.
Das ist ein sehr vereinfachten Beispiel, aber trotzdem logisch oder?
Es ist wichtig zu verstehen, dass auch wenn wir für das Produkt, das wir bewerben, natürlicherweise high involviert sind, es der Kunde in der Regel nicht ist. Genau genommen, befindet sich der Konsument den größten Teil der Zeit im Low Involvement.
Doch wie schaffen wir es, den potentiellen, in der Regel low involvierten Kunden nun doch zu unserem Kunden zu machen?
Eine Antwort darauf bietet das sog. Elaboration-Likelihood-Modell (kurz ELM) erklären von Richard Petty und John T. Cacioppo (1981). Das Modell beschreibt, wie Konsumenten Informationen verarbeiten und aufgrund dieser verarbeiteten Informationen Ihre Einstellung ggf. ändern.
Quelle: In Anlehnung an Fischer, K.P./ Wiessner, D./ Bidmon, R.K. (2011), Angewandte Werbepsychologie in Marketing und Kommunikation, S. 49, 1. Auflage, Berlin, Cornelsen.
High Involvement ist somit für eine intensive Auseinandersetzung (= zentrale Route) mit der Werbebotschaft förderlich, wohingegen Low Involvement es nicht ist.
Lachmann gibt uns außerdem wiederum vier aus dem ELM resultierende Strategien an die Hand, die uns dabei helfen, den Konsumenten in seiner jeweiligen Involvement-Situation anzusprechen:
Quelle: in Anlehnung an Lachmann, U. (2002): Wahrnehmung und Gestaltung von Werbung, S. 22 ff., 2. Auflage, Hamburg, Gruner + Jahr.
Zusammenfassend
Involvement ist im Marketing von zentraler Bedeutung. Je nachdem in welcher Art von Involvement sich der Kunde befindet (High, Low) müssen wir unsere Marketingstrategien anpassen, um ihn zu erreichen.
[1] Quelle: Lachmann, U. (2002): Wahrnehmung und Gestaltung von Werbung, S. 22 ff., 2. Auflage, Hamburg, Gruner + Jahr.