Kognitive Prozesse

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Im letzten Beitrag haben wir gelernt, dass der Knackpunkt der Konsumentenpsychologie die sog. Black Box des Kunden ist und die darin ablaufenden, nicht direkt beobachtbaren Prozesse. Also die Frage: was passiert im Kunden, nachdem ein (werblicher) Reiz auf seine Sinnesorgane getroffen ist und eine Reaktion auslöst?

Die Antwort lautet: kognitive und aktivierende Prozesse. Da beides sehr komplexe und umfangreiche Themengebiete sind, befassen wir uns in diesem Beitrag zunächst nur mit einem von beiden, nämlich den kognitiven Prozessen.

 

S-O-R Modell Kognitive ProzesseQuelle: in Anlehnung an Meffert, H./Burmann, Ch./Kirchgeorg, M. (2012): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, S. 103, 11. Auflage, Wiesbaden.

Was sind kognitive Prozesse?

Kognitive Prozesse lassen sich als gedankliche Vorgänge beschreiben, also alle Vorgänge im Gehirn. Sie dienen der Informationsverarbeitung. Mit ihnen erhält der Mensch Kenntnis von seiner Umwelt und sich selbst und kontrolliert und steuert (willentlich) sein Verhalten. Die kognitiven Prozesse werden in drei Stufen unterteilt:

  1. Informationsaufnahme (Wahrnehmen)
  2. Informationsverarbeitung (Wahrnehmung und Beurteilen, Denken, Entscheiden)
  3. Informationsspeicherung (Denken, Lernen, Gedächtnis)

Diese gedankliche Verarbeitung von Reizen erfolgt durch das sog. Drei-Speicher-Modells mittels verschiedener Gedächtniskomponenten, welche als Speicher bezeichnet werden. Diese drei Speicher sind der Sensorische Speicher, der Kurzzeitspeicher und der Langzeitspeicher. Ein Reiz durchläuft von seiner Aufnahme bis hin zur Langzeitspeicherung mehrere Verarbeitungsstufen. Die aufgenommenen Informationen werden in den drei Speichern gespeichert und verarbeitet.

Drei-Speicher-ModellQuelle: in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten, S. 274 ff., 9. Auflage, München.

Stufe 1: Die Informationsaufnahme (Wahrnehmen)

Die erste Stufe der kognitiven Prozesse – die Informationsaufnahme – beinhaltet alle Vorgänge bis zur Übernahme von Reizen/ Informationen in den Kurzzeitspeicher. Dort findet dann die eigentliche kognitive Verarbeitung statt. Dies bedeutet, dass nur Reize weiterverarbeitet werden, die es überhaupt vom Sensorischen Speicher (= eine Art Filter) in den Kurzzeitspeicher schaffen.

Dabei gibt es verschiedene Arten der Informationsaufnahme:

Arten der InformationsaufnahmeQuelle: in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten, S. 300., 9. Auflage, München.

Letztendlich ist die Informationssuche des Konsumenten immer eine Art Strategie zur Überwindung von Unsicherheiten. Im Marketing ist die Informationssuche von großer Bedeutung, da sie eine Art Filter des Kaufverhaltens ist. Wichtig für das Marketing ist es daher, die Determinanten der Informationssuche und Informationsaufnahme zu kennen. Einige Beispiele sind:

  • Die subjektiv wahrgenommene Bedeutung des Kaufes/ der Entscheidung
  • Nutzen der Suche
  • Das subjektiv wahrgenommen Kaufrisiko
  • Dringlichkeit der Entscheidung
  • Positive/ Negative frühere Erfahrungen
  • Involvement (hierzu in einem späteren Beitrag mehr)
  • Etc.

Stufe 2: Die Informationsverarbeitung (Wahrnehmung und Beurteilen, Denken, Entscheiden)

Die Informationsverarbeitung ist der nächste Schritt nach der Aufnahme der Information. Dieser kognitive Prozess ist mit Wahrnehmen, Denken und Entscheiden verbunden. Bei der Informationsverarbeitung werden aufgenommene Reize und innere Signale entschlüsselt und zu einem inneren Bild der Umwelt und der eigenen Person verarbeitet, so dass sie einen Sinn erhalten.

Bedeutung für das Marketing

Ein für das Marketing sehr entscheidender Faktor bei der Informationsverarbeitung ist das Thema Produktbeurteilung. Dieser kognitive und vor allem subjektive Prozess und die daraus resultierenden Entscheidungen stehen in einem engen Zusammenhang mit der Wahrnehmung. Durch das Beurteilen, Ordnen und Bewerten der vorhandenen Informationen entsteht so ein Qualitätsurteil.

Einflussfaktoren der Produktbeurteilung sind die aktuellen und bereits gespeicherten Informationen bzgl. Produkt und Umfeld.

Weitere für das Marketing wichtige Punkte sind:

  • Nicht das objektiv, sondern das subjektiv wahrgenommen Angebot ist entscheidend
  • Marketing muss eine entsprechende Wahrnehmung des Angebots fördern

Eine besondere Bedeutung kommt zudem der Wahrnehmung und Beurteilung von Marken zu. Zu beachten ist hier vor allem der sog. Halo-Effekt. Dieser besagt, dass wenn einmal ein Urteil über das Gesamte gebildet wurde (z.B. das Image einer Marke), dann beeinflusst dies wiederum die Wahrnehmung einzelner Eigenschaften einer Marke und ihrer Produkte.

Ein gutes Beispiel für diesen Effekt ist der Blindest im Markenvergleich „Coca Cola vs. Pepsi“: http://discover-neuro.de/markenvergleich-coke-or-pepsi/ (auch hierzu zu einem späteren Zeitpunkt mehr).    

Stufe 3: Informationsspeicherung (Denken, Lernen, Gedächtnis)   

Die letzte Stufe des Drei-Speicher-Modells ist die Informationsspeicherung. Die wichtigsten Prozesse dieser Stufe sind Denken, Lernen und Gedächtnis. Dabei spielt bereits vorhandenes Wissen eine bedeutende Rolle für das Lernen von Neuem, da dies nur möglich ist, wenn es zu bereits gespeichertem Wissen in Bezug gebracht wird. Eine Definition beschreibt Lernen als Veränderung der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer bestimmten Verhaltensweise in einer bestimmten Reizsituation (Hofstätter 1973, S. 214) und bezieht sich somit sowohl auf Verhaltens- als auch kognitive Veränderungen. Zusammengefasst kann Lernen Veränderung des Verhaltens hervorrufen und auf Erfahrungen beruhen. Ein wichtiges Modell des Lernens ist beispielsweise Konditionierung. Auch hierzu zu einem späteren Zeitpunkt mehr.

Auch für die Prozesse Denken und Wissen möchte ich zwei gängige Definitionen anführen (man muss ja schließlich nicht versuchen, etwas zu verbessern, dass bereits gut und verständlich ist).

Denken ist als Prozess der Beurteilung, Ordnung, Abstraktion und Weiterentwicklung von  Wahrnehmungen zu beschreiben, aber auch als Erinnerung, Umstrukturierung und Weiterentwicklung von Gedächtnisinhalten. Denken ist demnach die Verknüpfung von Wissen zu neuem Wissen. (Trommsdorff 2009, S. 258).

Wissen ist allgemein definiert als Kenntnis von bestimmten Sachverhalten (Mustern) oder als Bewusstsein entsprechender Denkinhalte. Wissen ist im Gedächtnis in Form von Wissensstrukturen repräsentiert. (Foscht/Swoboda 2011, S. 112 f.).

Zusammenfassend

Zusammenfassend möchte ich noch einmal zum Ausgangspunkt dieses Beitrags zurückkommen. Die initiale Fragestellung war: Was passiert im Kunden, nachdem ein (werblicher) Reiz auf seine Sinnesorgane getroffen ist – kurz gesagt – was passiert in seiner Black Box? Die Antwort darauf lautete: kognitive und aktivierende Prozesse.

Dieses Grundverständnis ist wichtig für (fast) alle weiteren Beiträge dieses Blogs und ein essentieller Bestandteil der Werbepsychologie.

Um den Wahrnehmungsprozess abschließend noch einmal anschaulich zusammenzufassen, ist wichtig zu verstehen, dass er aus subjektiven, aktiven und selektiven Vorgängen besteht und seine Aufgabe darin besteht, Reize zu interpretieren.

Grundlagen der InformationsverarbeitungQuelle: in Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten, S. 320 ff., 9. Auflage, München.