Das Corona-Virus sorgt in vielerlei Hinsicht für einen regelrechten Boom auf Social Media: Nicht nur stieg insgesamt die Nutzung von Social Media, sondern insbesondere auch das Engagement der User und organische Reichweiten haben enormen Zuwachs erfahren. Besonders Profile von Marken profitieren hier. Deren Engagementrate stieg im Schnitt um ca. 16% (organisch).
Was neben Corona-bezogenen Themen derzeit besonders gut funktioniert, sind Aufrufe und Challenges, welche von Privatpersonen übernommen und verbreitet werden. Aufrufe wie „Poste ein Bild von dir als du xy getan hast und markieren x Personen“ sieht man immer häufiger.
Ein Mix aus einfacher Informationszugänglichkeit und (seien wir ehrlich) auch Langeweile sorgt für diese Effekte.
Doch was hier so ganz lapidar und witzig erscheint, kann teils auch zu ernsthaften Problemen führen: Gruppenzwang auf Social Media ist weit verbreitet. Wie dieser entsteht und warum wir uns so ungern dagegen wehren, erfahrt ihr hier.
Was bedeutet Gruppenzwang eigentlich?
Grundsätzlich beschreibt Gruppenzwang ein Verhaltensphänomen, bei dem das eigene Verhalten an das Verhalten einer Gruppe angepasst wird. Man stellt seine persönlichen Bedürfnisse zurück, um den Vorstellungen der Gruppe zu entsprechend. Häufig dient dieses Verhalten dem Umgang mit Unsicherheiten und um Kontroversen zu vermeiden. Ziel ist die Akzeptanz in der Gruppe.
Das Asch-Experiment
Der Psychologe Solomon Asch untersuchte das Phänomen Gruppenzwang schon in den 1950er Jahren in seinen legendären Asch-Experimenten.
Probanden wurden gebeten, aus 4 Linien die beiden gleich langen Linien zu erkennen:
Diese waren sehr eindeutig dargestellt. Doch wurden bis auf einen einzigen Teilnehmer pro Gruppe alle anderen Teilnehmer dazu aufgefordert, mit Absicht das gleiche falsche Ergebnis zu nennen. Interessanterweise entschieden sich dann auch die Nicht-Eingeweihten wie folgt:
- 50% schlossen sich mit ihrer Wahl der Mehrheit an und nannten, obwohl absolut eindeutig, mit Absicht auch die falsche Linie
- 5% stimmten kategorisch immer der Mehrheit zu
- Nur 25% kritisierten, dass offenbar eine Mehrheit versucht, das Ergebnis zu beeinflussen.
Als man die Probanden später fragte, warum sie gegen ihre eigene Meinung gehandelt haben, gab es folgende Begründungen
- Unsicherheit
- Angst vor Repressalien, wenn sie sich gegen die Mehrheit stellen
- Angst, aus der Gruppe hervorzustechen
- Behauptung, es genau so, wie die Mehrheit gesehen zu haben.
Diese Gründe gehören bis heute zu den häufigsten Gründen, sich der „Mehrheit zu beugen“. Auch auf Social Media Plattformen kann man dies beobachten.
Beispiele für Social Media Gruppenzwang
Besonders die Plattform WhatsApp war hierfür sehr anfällig:
Kettenbriefe, die vor allem an Jugendliche geschickt wurden und diese unter Druck setzten „Leite das 100 Leuten weiter oder jemand stirbt“. Dies zählt natürlich zu den sehr krassen Formen von Gruppenzwang. Sie funktionieren jedoch nach demselben Prinzip wie das Asch-Experiment, jedoch verstärkt durch ein negatives Druckmittel. Auch wenn man rational weiß, dass hier nichts Schlimmes passieren wird, führt gerade bei Kindern und Jugendlichen die Verlustangst dazu, dass sie teilnehmen.
Etwas harmloser, aber nicht weniger unter Druck setzend sind solche Posts, wie sie derzeit zu hundertfachen auf Facebook erscheinen:
Auch hier wird die Nicht-Erfüllung an eine negative Folge geknüpft.
Warum handeln wir so?
Solche Postings sind in erster Linie als Spaß zu verstehen (so etwas wie „Momo“ natürlich nicht!). Doch fühlen wir uns dadurch verpflichtet und in gewissem Maße unter Druck gesetzt. Schuld daran ist auf Social Media vor allen die Sichtbarkeit. Man wird markiert und veröffentlicht. Jeder bekommt mit, wenn man die Aufgabe nicht erfüllt. Ein negative Folge, wie eine „Geldbuße“ für z.B. etwas Soziales erhöhen den Druck hier noch. Man hat Angst als „Spielverderber“ oder „unsozial“ betitelt zu werden und beugt sich so häufig dem, was von der Gruppe erwartet wird.
Fazit
Wie ihr seht, gehört Gruppenzwang schon fast zu unserem natürlich Verhalten. Es gehört zu unserem Bedürfnis, einer Gruppe anzugehören.
Doch mein persönliches Credo:
Stehe immer hinter dem, was du selbst vertrittst. Man muss nicht immer folgen, man kann auch mal führen.
Und ich sch*** auf Social Media Pressure – ich mach nur das mit, was mir Spaß macht und zu meinen Bedingungen 😉