Was Männer wollen

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Ich habe kürzlich ein sehr witziges Video von einem Youtube-Kollegen namens Connor Simmons entdeckt. Connor nimmt darin sämtliche Klischees auf, die die Werbeindustrie für die Männerwelt bereithält. Seht selbst:

Play Video about Thumbnail Connor Simmons How to advertise men youtube
 

Copyrigtht Connor Simmons https://www.youtube.com/user/RollsRules

Dabei stellt sich die Frage: warum ist das eigentlich so? Wieso sind Werbespots für Männer immer so aufgebaut? Und stimmt das „Immer“ überhaupt? Schauen wir uns doch mal an, was die Werbepsychologie dazu zu sagen hat 🙂

Wir befinden hier uns hier wieder beim Thema Aktivierung. Werbung – egal für welche Zielgruppe – muss solche Reize enthalten, auf die die entsprechende Zielgruppe auch reagiert. Und wie ihr bereits gelernt habt, sind hier besonders emotionale Reize und Schlüsselreize sehr wirkungsvoll. Durch sie werden Informationen schneller aufgenommen, besser verarbeitet und gespeichert – die Wahrscheinlichkeit, dass der Konsument das Produkt bzw. die Marke im Nachgang erinnert und kauft, erhöht sich somit.

In der Werbeansprache für Männer haben sich hier in den letzten Jahrzehnten einige Reize manifestiert, die Connor in seinem Video humorvoll aufgenommen hat.

Da gibt es zum einen diese sehr tiefe und männlich klingende Stimme aus dem Off, die so weise und so vollkommen mit sich im Reinen klingt – ein Element, mit dem sich Männer gerne identifizieren. Diese Stimme ist Vorbild. Diese Stimme spricht ihnen aus der Seele. Und diese Stimme ist der weise Freunde oder Vater, der weiß, was ein Mann braucht.

Ebenso verhält es sich mit den Protagonisten, die meist sehr attraktiv und übertrieben männlich (bärtig, muskulös, ernst) dargestellt werden. Er verkörpert, was sie sein wollen.

Abgerundet wird das Bild des perfeken Mannes durch die Szenerie: unendliche Weiten, Landschaft, Natur, Ursprünglichkeit, Freiheit und trotzdem darf ein hartes Getränk und eine wertvolle Uhr oder gute Kleidung meist nicht fehlen.

Zum Schluss dann noch ein bisschen Nonsense von der Stimme aus dem Off.

All das sind die Elemente, die einen guten Cocktail ausmachen.

Vieles spricht dafür, dass diese Vorstellung historisch bedingt ist und einem Werbeklischee aus den 50er und 60er Jahren entspricht. Hier gab es das Bild des Marlboro-Cowboys und des Mannes, der schier grenzenlose Sehnsucht nach Freiheit hat. In der sexualisierten Werbung der letzten Jahrzente wurde dieses Bild hartnäckig beibehalten, getreu dem Motto „das hat einmal funktioniert, das wird wieder funktionieren“.

Für einen Teil des Marktes und der Zielgruppe scheint dies auch nach wie vor der Fall zu sein. Dennoch hat sich das Bild des Mannes in der Gesellschaft in den letzten Jahren auch stark verändert und das ist laut einer Studie der Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart auch an der Werbeindustrie nicht spurlos vorbeigegangen. In der Studie wurde untersucht, wie Männer in der Werbung dargestellt wurden. Dafür wurden insgesamt 560 TV-Spots der Jahre 1997 und 2017 analysiert, um Veränderungen im Zeitverlauf aufzuzeigen.

Und siehe da: das Bild hat sich gewandelt. Männer in der Werbung sind heute wesentlich häufiger im häuslichen Umfeld zu sehen – besonders in der Küche. Dabei wird laut Studie kein Mann beim Kochen gezeigt, sondern ein Männertyp, der auf seine Einbauküche genauso stolz sei, wie auf sein Auto. Zudem zeigt die Studie, dass Männer in der Werbung inzwischen seltener als Autoritätspersonen gezeigt werden, sondern zumeist einer Interaktionspartnerin auf Augenhöhe begegnen.

Sollte euch die Studie ausführlicher interessieren, könnt ihr hier nachlesen: http://www.markenartikel-magazin.de/no_cache/medien-werbung/artikel/details/10019847-werbung-der-sexualisierte-mann-ist-auf-dem-rueckzug/

Grundsätzlich kann man allerdings sagen, dass sich die Werbung einem viel moderneren Bild des Mannes angepasst hat – eines, das nicht mehr so sexualisiert ist und somit auch wiederum den Puls der Zeit trifft und die Zielgruppe perfekt anspricht.

Natürlich wird man dem Klischee in der Werbung allerdings nie überdrüssig werden, denn auch dafür gibt es nach wie vor eine Zielgruppe.

Werbung für Kinder zur Weihnachtszeit

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Edit 2024: Die damals im Beitrag integrierten Werbespots von Hasbro und Aldi UK sind inzwischen leider nicht mehr online auf YouTube verfügbar und wurden deshalb entfernt.

Es weihnachtet wieder in der Marketing Corner! Heute geht es um ein richtiges Phänomen in der „staden Zeit“: Werbung für Kinder.

Dem ein oder anderen wird vermutlich schon aufgefallen sein, dass die Werbung für Kinderspielzeug und generell für Produkte für Kinder in der Vorweihnachtszeit rapide zunimmt.

Dabei kann die Werbung oft aus Sicht eines Erwachsenen extrem plump wirken. Und selten werden so viele Stereotype verwendet, wie in der Ansprache dieser Zielgruppe.

Gerade in TV-Spots sind gleichaltrige Kinder die Protagonisten der Spots – Mädchen werben für Mädchen und Jungen werben für Jungen.

Nach dieser radikalen Geschlechterteilung ist zumeist der ganze Spot aufgebaut. Während bei Mädchen mit Schlagworten wie „Glitzer“, „Rosa“, „Prinzessin“, „Hübsch“ etc. geworben wird, stehen bei Jungs Schlagworte wie „Action“, „Held“, krass“ und „cool“ im Fokus. Diese müssen übrigens nicht real sein. Besonders gute Zugpferde sind vor allem ihre Helden aus Geschichten.

All das sind Reizwörter auf die kleine Kinder besonders reagieren, weil es ihnen von Freunden und Protagonisten aus der Werbung sowie ihren TV-Helden vorgelebt wird.

Begleitet wird dies von „poppiger“ Musik (verzeiht mir diesen Ausdruck).

Was außerdem auffällig ist, sind die ausdrucksstarken Farben. Kinder reagieren noch stärker auf Farben als Erwachsene, weshalb sie in Prospekten und TV-Spots oft sehr kräftig sind und wie sollte es auch anders sein, stereotyp pink und blau.

Hier zwei Beispiele:

Hot Wheels

Hot Wheels Doppel-Booster Powerbahn TV Werbung | Deutsch | @HotWheels

Hinweis: Bei Klick auf das Thumbnail wird der YouTube Player geladen.

Copyright Hot Wheels

Hasbro (siehe Edit 2024)

Zum Prinzessinnen-Spot: zumindest geben sie den Prinzessinnen tolle Attribute, wie „mutig“ und „klug“, aber es bleibt die Schimmerglanz-Kollektion 😛

An dieser Stelle sei gesagt: man kann uns Marketern nicht oder nur bedingt vorwerfen, dass wir uns dieser Mechanismen bedienen. Rollenverteilungen und „was ist Mädchensache/ was ist Jungssache“ werden aus dem Umfeld heraus gelernt, weshalb die Kleinen hierauf natürlich anspringen – sie möchten schließlich ihren Vorbildern nacheifern.

Und letztendlich sei gesagt, dass es selten die Kinder sind, die kaufen, sondern ihre Eltern. Auch wenn Studien bewiesen haben, dass Kinder bereits Formen von Erpressung und Verhandlungen anwenden, um ihren Willen zu bekommen, liegt es doch an den Eltern, was im Einkaufswagen landet und was nicht.

Nach all dem Stereotypging möchte ich euch aber auch einen Spot zeigen, den ich für absolut raffiniert halte und der dafür gesorgt hat, dass Aldi UK einen Rekordansturm auf seine Märkte hatte:

Aldi UK (siehe Edit 2024)

Der Spot erzählt in märchenhafter Reim-Manier die Geschichte von der Karotte Kevin, die seine Familie vor der bösen Pastinake retten möchte.

Kevin the Carrot ist bereits seit 2016 ein Teil der Aldi-Familie und führt seitdem durch das Weihnachtssortiment. Auf der Homepage des Unternehmens und den Sozialen Kanälen kann man Kevin seither folgen und auch miterleben, wie seine Familie wächst. Sie geben Geschenketipps und Rezeptvorschläge fürs Weihnachtsessen. Kevins Popularität wächst von Jahr zu Jahr und wie immer zu Weihnachten, kann mein sein Plüsch-Alter-Ego nur zur Weihnachtszeit kaufen.

Doch dieses Jahr hat Aldi UK einen Rekord aufgestellt. Noch die wurde die Karotte so gehyped, was unter anderem am diesjährigen Spot liegt.

Ganz raffiniert werden hier Wortwitze eingebaut und das Sortiment von Aldi subtil präsentiert – eine gelungene Ansprache für Erwachsene. Ganz nebenbei erzählt Aldi aber auch noch ein gereimtes (Weihnachts-) Märchen rund um das Gemüse und trifft somit bei den Kindern voll ins Schwarze.

Aldi UK erfüllt ihren Slogan „Have a fairytale Christmas“ voll und ganz.

Werbepsychologisch werden hier Erwachsene, wie gesagt durch den raffinierten Humor aktiviert. Auch das Kindchenschema spielt bei den Babykarotten eine Rolle. Insgesamt liegt besonderes Augenmerk auf dem Element Familie, was insbesondere Frauen anspricht.

Kinder werden durch die weihnachtliche Geschichte und die spielerisch gestalteten Protagonisten aktiviert – natürlich auch durch den Weihnachtsmann am Ende. Dieser suggeriert den Kindern, dass alles gut ist und zeigt ihnen, dass sie sich froh fühlen sollen.

Diese tolle Inszenierung hatte dieses Jahr zur Folge, dass der Ansturm auf die Plüschkarotten radikal angestiegen ist. Als die Kuscheltiere Online ausverkauft waren, gab es in den Filialen sogar Prügeleinen, um die letzten Stück zu ergattern. Erwachsene standen stundelang Schlange. Ähnliche Anstürme kennst man sonst nur von Apple-Launches. Was genau dort abging, könnt ihr hier nachlesen: https://www.stern.de/neon/wilde-welt/gesellschaft/aldi-in-grossbritannien-verkauft-pluesch-karotten-und-die-kunden-stehen-schlange-8460726.html

[unbezahlte Markennennung]