Werbung für Kinder zur Weihnachtszeit

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Edit 2024: Die damals im Beitrag integrierten Werbespots von Hasbro und Aldi UK sind inzwischen leider nicht mehr online auf YouTube verfügbar und wurden deshalb entfernt.

Es weihnachtet wieder in der Marketing Corner! Heute geht es um ein richtiges Phänomen in der „staden Zeit“: Werbung für Kinder.

Dem ein oder anderen wird vermutlich schon aufgefallen sein, dass die Werbung für Kinderspielzeug und generell für Produkte für Kinder in der Vorweihnachtszeit rapide zunimmt.

Dabei kann die Werbung oft aus Sicht eines Erwachsenen extrem plump wirken. Und selten werden so viele Stereotype verwendet, wie in der Ansprache dieser Zielgruppe.

Gerade in TV-Spots sind gleichaltrige Kinder die Protagonisten der Spots – Mädchen werben für Mädchen und Jungen werben für Jungen.

Nach dieser radikalen Geschlechterteilung ist zumeist der ganze Spot aufgebaut. Während bei Mädchen mit Schlagworten wie „Glitzer“, „Rosa“, „Prinzessin“, „Hübsch“ etc. geworben wird, stehen bei Jungs Schlagworte wie „Action“, „Held“, krass“ und „cool“ im Fokus. Diese müssen übrigens nicht real sein. Besonders gute Zugpferde sind vor allem ihre Helden aus Geschichten.

All das sind Reizwörter auf die kleine Kinder besonders reagieren, weil es ihnen von Freunden und Protagonisten aus der Werbung sowie ihren TV-Helden vorgelebt wird.

Begleitet wird dies von „poppiger“ Musik (verzeiht mir diesen Ausdruck).

Was außerdem auffällig ist, sind die ausdrucksstarken Farben. Kinder reagieren noch stärker auf Farben als Erwachsene, weshalb sie in Prospekten und TV-Spots oft sehr kräftig sind und wie sollte es auch anders sein, stereotyp pink und blau.

Hier zwei Beispiele:

Hot Wheels

Hot Wheels Doppel-Booster Powerbahn TV Werbung | Deutsch | @HotWheels

Hinweis: Bei Klick auf das Thumbnail wird der YouTube Player geladen.

Copyright Hot Wheels

Hasbro (siehe Edit 2024)

Zum Prinzessinnen-Spot: zumindest geben sie den Prinzessinnen tolle Attribute, wie „mutig“ und „klug“, aber es bleibt die Schimmerglanz-Kollektion 😛

An dieser Stelle sei gesagt: man kann uns Marketern nicht oder nur bedingt vorwerfen, dass wir uns dieser Mechanismen bedienen. Rollenverteilungen und „was ist Mädchensache/ was ist Jungssache“ werden aus dem Umfeld heraus gelernt, weshalb die Kleinen hierauf natürlich anspringen – sie möchten schließlich ihren Vorbildern nacheifern.

Und letztendlich sei gesagt, dass es selten die Kinder sind, die kaufen, sondern ihre Eltern. Auch wenn Studien bewiesen haben, dass Kinder bereits Formen von Erpressung und Verhandlungen anwenden, um ihren Willen zu bekommen, liegt es doch an den Eltern, was im Einkaufswagen landet und was nicht.

Nach all dem Stereotypging möchte ich euch aber auch einen Spot zeigen, den ich für absolut raffiniert halte und der dafür gesorgt hat, dass Aldi UK einen Rekordansturm auf seine Märkte hatte:

Aldi UK (siehe Edit 2024)

Der Spot erzählt in märchenhafter Reim-Manier die Geschichte von der Karotte Kevin, die seine Familie vor der bösen Pastinake retten möchte.

Kevin the Carrot ist bereits seit 2016 ein Teil der Aldi-Familie und führt seitdem durch das Weihnachtssortiment. Auf der Homepage des Unternehmens und den Sozialen Kanälen kann man Kevin seither folgen und auch miterleben, wie seine Familie wächst. Sie geben Geschenketipps und Rezeptvorschläge fürs Weihnachtsessen. Kevins Popularität wächst von Jahr zu Jahr und wie immer zu Weihnachten, kann mein sein Plüsch-Alter-Ego nur zur Weihnachtszeit kaufen.

Doch dieses Jahr hat Aldi UK einen Rekord aufgestellt. Noch die wurde die Karotte so gehyped, was unter anderem am diesjährigen Spot liegt.

Ganz raffiniert werden hier Wortwitze eingebaut und das Sortiment von Aldi subtil präsentiert – eine gelungene Ansprache für Erwachsene. Ganz nebenbei erzählt Aldi aber auch noch ein gereimtes (Weihnachts-) Märchen rund um das Gemüse und trifft somit bei den Kindern voll ins Schwarze.

Aldi UK erfüllt ihren Slogan „Have a fairytale Christmas“ voll und ganz.

Werbepsychologisch werden hier Erwachsene, wie gesagt durch den raffinierten Humor aktiviert. Auch das Kindchenschema spielt bei den Babykarotten eine Rolle. Insgesamt liegt besonderes Augenmerk auf dem Element Familie, was insbesondere Frauen anspricht.

Kinder werden durch die weihnachtliche Geschichte und die spielerisch gestalteten Protagonisten aktiviert – natürlich auch durch den Weihnachtsmann am Ende. Dieser suggeriert den Kindern, dass alles gut ist und zeigt ihnen, dass sie sich froh fühlen sollen.

Diese tolle Inszenierung hatte dieses Jahr zur Folge, dass der Ansturm auf die Plüschkarotten radikal angestiegen ist. Als die Kuscheltiere Online ausverkauft waren, gab es in den Filialen sogar Prügeleinen, um die letzten Stück zu ergattern. Erwachsene standen stundelang Schlange. Ähnliche Anstürme kennst man sonst nur von Apple-Launches. Was genau dort abging, könnt ihr hier nachlesen: https://www.stern.de/neon/wilde-welt/gesellschaft/aldi-in-grossbritannien-verkauft-pluesch-karotten-und-die-kunden-stehen-schlange-8460726.html

[unbezahlte Markennennung]

Marketing & Weihnachten (Werbespot-Analyse)

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September-Nikoläuse

Weihnachten im Handel beginnt ja – und nicht nur gefühlt – schon immer im September. Die Regale in den Supermärkten quillen schon über vor lauter Lebkuchen, Spekulatius und Schoko-Weihnachtsmännern und jedes Jahr fragen wir uns: Warum?

Ganz einfach: weil wir es so wollen. Glaubt ihr nicht? Tatsächlich ist es aber so, dass der Handel seit Jahrzehnten auf die Bedürfnisse seiner Kunden reagiert und diese haben sich dahingehend entwickelt, dass das „Verlangen“ nach Weihnachtsnascherein bereit gut 3 Monate vor Weihnachten auftaucht. Dabei ist es auch ein Irrglaube, dass die Supermärkte jedes Jahr früher damit anfangen. September ist der früheste Start. Vorher macht wegen Sommerurlauben und der Hitze für den Handel keinen Sinn.

Und auch das Gefühl dann bereits vor der Weihnachtszeit übersättigt zu sein, stimmt nicht. Denn die Verkaufszahlen im Handel steigen in den Wintermonaten nochmal rapide an.

Also wenn ihr euch das nächste Mal über Nikoläuse und Co. im September aufregt, dann schaut doch mal wann bei euch und den anderen Kunden der erste Lebkuchen im Einkaufswagen landet. Ich gestehe: ich schaufel mir im September gerne schon mal meine ersten gefüllten Lebkuchenherzen rein 😛

Das hatte jetzt erstmal nicht viel mit Marketing zu tun. Es war mir allerdings ein Bedürfnis mal mit diesem Thema aufzuräumen.

Viel spannender ist jedoch, was sich ab Mitte November im TV so tut. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt starten die Weihnachtswerbespots der großen Kreativagenturen.

 

Weihnachtswerbung im TV

In vielen Firmen ist kaum ein Werbeetat so hoch, wie der für den neuen Weihnachtsspot. Warum versprechen sich Unternehmen so viel vom Weihnachtsgeschäft? Das hat vor allem drei wesentliche Gründe:

  • Die Kaufbereitschaft der Konsumenten um die Weihnachtszeit ist höher als unterm Jahr
  • Weihnachten ist ein hoch emotionales Thema (emotionale Konditionierung!) und eignet sich deshalb perfekt, um die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erlangen
  • In der kalten Jahreszeit wird vermehrt ferngeschaut und somit (trotz Netflix und Co.) auch Werbung

Um zu veranschaulichen auf welche werbepsychologischen Strategien Unternehmen setzen, um Kunden anzusprechen, möchte ich für euch zwei unterschiedliche Spots analysieren.

  1. Den aktuellen Weihnachtswerbespot von Penny
  2. Den Weihnachtswerbespot von Conrad Electronics von 2017

 

1. Penny Weihnachtswerbespot 2018

Unter dem Motto „Weihnachten braucht nicht viel. Nur Liebe.“ hat der Discounter Penny dieses Jahr seine Weihnachtssaison eröffnet. In dem animierten Kurzfilm geht es um den kleinen Emil und seine Mutter, die in sehr einfachen Verhältnissen leben. Emils Mutter kann ihm deshalb nicht jeden Wunsch erfüllen, was gerade zur Weihnachtszeit für beide sehr schwer ist. Alles wendet sich jedoch zum Guten, als Emils Mutter eine tolle Idee hat und für ihren Sohn ein fantasievolles Winterwunderland in ihrem Haus zaubert – „ohne Geld, aber dafür mit ganz viel Liebe“.

Penny spricht hier ein hoch emotionales Thema an: Armut und Menschen, für die Weihnachten eher eine schwere als eine besonders schöne Zeit ist.

Der Spot bedingt sich dabei verschiedener werbepsychologischer Elemente:

  • Kinder: wie ihr bereits wisst, sind Kinder ein besonders starker Reiz in der Werbung – auch, wenn es sich hier um eine animierte Figur handelt. Auf Grund des Kindchenschemas, der für uns als Schlüsselreiz fungiert, werden Emotionen ausgelöst.
  • Ein Brennpunktthema: Armut und soziale Ungerechtigkeit. Das sind Themen, die auch in Deutschland real sind und viele Menschen betreffen. Penny möchte mit seinem Spot darauf aufmerksam machen und schafft Awareness bei den Konsumenten.
  • Menschen wie du und ich: eine alleinerziehende Mutter mit Kind. Auch damit trifft Penny den Puls der heutigen Zeit. Es ist eine Familie, wie es sie heute sehr oft gibt und Penny zeigt, wie schwer es manchmal sein kann.
  • Emotionale Musik: wie ihr wisst, reagieren wir auf Musik besonders intensiv. In diesem Fall unterstreicht der Tonus der Musik die Stimmungen im Spot. Sie gibt uns letztendlich vor, wie wir uns fühlen sollen.
  • Ein guter Claim: „Weihnachten braucht nicht viel. Nur Liebe.“ Penny ruft hier einerseits zur Besinnung auf das Wesentliche auf und andererseits schlagen sie mit dem Claim den Transfer zu ihrem USP: wir sind günstig – jeder kann bei uns mit wenig Geld, viel kaufen.
  • Der Twist: eine gute Wendung ist nicht nur in Filmen ein wichtiges Element, sondern auch in der Werbung. Hier schafft es Penny mit der Idee der Mutter und der Überraschung für ihren Sohn. Die Emotionen verändern sich, die Musik passt sich an. Wir fühlen uns erleichtert und glücklich.

Wie ihr seht, hat Penny dieses Jahr einiges richtig gemacht. Generell sind Kinder, aber auch ältere Menschen, ein beliebtes „Instrument“ in Weihnachtswerbespots. Gepaart mit der richtigen Musik, einer guten Story und regelmäßiger Darbietung (emotionale Konditionierung!) sind sie die Zutaten für einen aufmerksamkeitsstarken Spot und Kunden, denen man im Gedächtnis bleibt.

Nun kommen wir zu einem Spot, der ganz anders aufgebaut ist und trotzdem seine Wirkung nicht verfehlt hat.

 

2. Conrad Electronic Weihnachtswerbespot 2017


Hinweis: Bei Klick auf das Thumbnail wird der YouTube Player geladen.

Copyright: Conrad Electronics

Conrad nimmt in seinem Spot alles auf die Schippe, was andere Unternehmen so wohl überlegt in ihren Weihnachtsspots nutzen, um diese so emotional wie möglich zu gestalten.

Der Spot startet dabei mit einer Sprachnachricht vom Chef, der, wie man es von einem Agenturkunden kennt, alles erzählt, was er sich für seinen Spot vorstellt, aber eigentlich keine genaue Vorstellung hat und die Werbeagentur „soll halt mal machen“. Das Ergebnis ist ein überspitzt, exakt an den Vorstellungen des Chefs gehaltener Spot „1:1 umgesetzt“:

  • Fröhliche Kunden im Laden
  • Weihnachtliche Hintergrundmusik
  • Produkte im Vordergrund
  • Jemand, der die Jugend anspricht – muss aber trotzdem zu Conrad passen
  • Traurige Werbung mit einem Opa inkl. Produktpräsentation
  • Vielfältigkeit zeigen –> Die Conradbibel
  • Modern sein = Roboter
  • Website nicht vergessen („wir sind im digitalen Zeitalter angekommen“).
  • Logo, um Markenpräsenz zu zeigen
  • Mobile First

Conrad setzt hier auf das Element Humor, welches bei uns für besonders positive Emotionen sorgt und ruft beim Rezipienten gleichzeitig Assoziationen von ihm bekannten Mustern und Werbespots hervor, wie beispielsweise die „traurige Werbung mit dem Opa“. Conrad schlägt so zwei Fliegen meiner einer Klappe:

  1. Die Assoziation der eigenen Marke mit ihrem Spot
  2. Die Assoziationen anderer Marken und Spots (durch die Parodien) mit ihrer Marke

Und mal ehrlich: so einen Carsten kennen wir Marketer doch alle 😉

 

Ihr seht, man kann Weihnachtswerbespots auf sehr unterschiedliche Weisen gestalten und so in den Köpfen der Konsumenten hängen bleiben.

Welche Weihnachtspots sind euch im Kopf geblieben?

 

[unbezahlte Markennennung]