Marketing & Weihnachten (Werbespot-Analyse)

September-Nikoläuse

Weihnachten im Handel beginnt ja – und nicht nur gefühlt – schon immer im September. Die Regale in den Supermärkten quillen schon über vor lauter Lebkuchen, Spekulatius und Schoko-Weihnachtsmännern und jedes Jahr fragen wir uns: Warum?

Ganz einfach: weil wir es so wollen. Glaubt ihr nicht? Tatsächlich ist es aber so, dass der Handel seit Jahrzehnten auf die Bedürfnisse seiner Kunden reagiert und diese haben sich dahingehend entwickelt, dass das „Verlangen“ nach Weihnachtsnascherein bereit gut 3 Monate vor Weihnachten auftaucht. Dabei ist es auch ein Irrglaube, dass die Supermärkte jedes Jahr früher damit anfangen. September ist der früheste Start. Vorher macht wegen Sommerurlauben und der Hitze für den Handel keinen Sinn.

Und auch das Gefühl dann bereits vor der Weihnachtszeit übersättigt zu sein, stimmt nicht. Denn die Verkaufszahlen im Handel steigen in den Wintermonaten nochmal rapide an.

Also wenn ihr euch das nächste Mal über Nikoläuse und Co. im September aufregt, dann schaut doch mal wann bei euch und den anderen Kunden der erste Lebkuchen im Einkaufswagen landet. Ich gestehe: ich schaufel mir im September gerne schon mal meine ersten gefüllten Lebkuchenherzen rein 😛

Das hatte jetzt erstmal nicht viel mit Marketing zu tun. Es war mir allerdings ein Bedürfnis mal mit diesem Thema aufzuräumen.

Viel spannender ist jedoch, was sich ab Mitte November im TV so tut. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt starten die Weihnachtswerbespots der großen Kreativagenturen.

 

Weihnachtswerbung im TV

In vielen Firmen ist kaum ein Werbeetat so hoch, wie der für den neuen Weihnachtsspot. Warum versprechen sich Unternehmen so viel vom Weihnachtsgeschäft? Das hat vor allem drei wesentliche Gründe:

  • Die Kaufbereitschaft der Konsumenten um die Weihnachtszeit ist höher als unterm Jahr
  • Weihnachten ist ein hoch emotionales Thema (emotionale Konditionierung!) und eignet sich deshalb perfekt, um die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erlangen
  • In der kalten Jahreszeit wird vermehrt ferngeschaut und somit (trotz Netflix und Co.) auch Werbung

Um zu veranschaulichen auf welche werbepsychologischen Strategien Unternehmen setzen, um Kunden anzusprechen, möchte ich für euch zwei unterschiedliche Spots analysieren.

  1. Den aktuellen Weihnachtswerbespot von Penny
  2. Den Weihnachtswerbespot von Conrad Electronics von 2017

 

1. Penny Weihnachtswerbespot 2018

Unter dem Motto „Weihnachten braucht nicht viel. Nur Liebe.“ hat der Discounter Penny dieses Jahr seine Weihnachtssaison eröffnet. In dem animierten Kurzfilm geht es um den kleinen Emil und seine Mutter, die in sehr einfachen Verhältnissen leben. Emils Mutter kann ihm deshalb nicht jeden Wunsch erfüllen, was gerade zur Weihnachtszeit für beide sehr schwer ist. Alles wendet sich jedoch zum Guten, als Emils Mutter eine tolle Idee hat und für ihren Sohn ein fantasievolles Winterwunderland in ihrem Haus zaubert – „ohne Geld, aber dafür mit ganz viel Liebe“.

Penny spricht hier ein hoch emotionales Thema an: Armut und Menschen, für die Weihnachten eher eine schwere als eine besonders schöne Zeit ist.

Der Spot bedingt sich dabei verschiedener werbepsychologischer Elemente:

  • Kinder: wie ihr bereits wisst, sind Kinder ein besonders starker Reiz in der Werbung – auch, wenn es sich hier um eine animierte Figur handelt. Auf Grund des Kindchenschemas, der für uns als Schlüsselreiz fungiert, werden Emotionen ausgelöst.
  • Ein Brennpunktthema: Armut und soziale Ungerechtigkeit. Das sind Themen, die auch in Deutschland real sind und viele Menschen betreffen. Penny möchte mit seinem Spot darauf aufmerksam machen und schafft Awareness bei den Konsumenten.
  • Menschen wie du und ich: eine alleinerziehende Mutter mit Kind. Auch damit trifft Penny den Puls der heutigen Zeit. Es ist eine Familie, wie es sie heute sehr oft gibt und Penny zeigt, wie schwer es manchmal sein kann.
  • Emotionale Musik: wie ihr wisst, reagieren wir auf Musik besonders intensiv. In diesem Fall unterstreicht der Tonus der Musik die Stimmungen im Spot. Sie gibt uns letztendlich vor, wie wir uns fühlen sollen.
  • Ein guter Claim: „Weihnachten braucht nicht viel. Nur Liebe.“ Penny ruft hier einerseits zur Besinnung auf das Wesentliche auf und andererseits schlagen sie mit dem Claim den Transfer zu ihrem USP: wir sind günstig – jeder kann bei uns mit wenig Geld, viel kaufen.
  • Der Twist: eine gute Wendung ist nicht nur in Filmen ein wichtiges Element, sondern auch in der Werbung. Hier schafft es Penny mit der Idee der Mutter und der Überraschung für ihren Sohn. Die Emotionen verändern sich, die Musik passt sich an. Wir fühlen uns erleichtert und glücklich.

Wie ihr seht, hat Penny dieses Jahr einiges richtig gemacht. Generell sind Kinder, aber auch ältere Menschen, ein beliebtes „Instrument“ in Weihnachtswerbespots. Gepaart mit der richtigen Musik, einer guten Story und regelmäßiger Darbietung (emotionale Konditionierung!) sind sie die Zutaten für einen aufmerksamkeitsstarken Spot und Kunden, denen man im Gedächtnis bleibt.

Nun kommen wir zu einem Spot, der ganz anders aufgebaut ist und trotzdem seine Wirkung nicht verfehlt hat.

 

2. Conrad Electronic Weihnachtswerbespot 2017

Copyright: Conrad Electronics

Conrad nimmt in seinem Spot alles auf die Schippe, was andere Unternehmen so wohl überlegt in ihren Weihnachtsspots nutzen, um diese so emotional wie möglich zu gestalten.

Der Spot startet dabei mit einer Sprachnachricht vom Chef, der, wie man es von einem Agenturkunden kennt, alles erzählt, was er sich für seinen Spot vorstellt, aber eigentlich keine genaue Vorstellung hat und die Werbeagentur „soll halt mal machen“. Das Ergebnis ist ein überspitzt, exakt an den Vorstellungen des Chefs gehaltener Spot „1:1 umgesetzt“:

  • Fröhliche Kunden im Laden
  • Weihnachtliche Hintergrundmusik
  • Produkte im Vordergrund
  • Jemand, der die Jugend anspricht – muss aber trotzdem zu Conrad passen
  • Traurige Werbung mit einem Opa inkl. Produktpräsentation
  • Vielfältigkeit zeigen –> Die Conradbibel
  • Modern sein = Roboter
  • Website nicht vergessen („wir sind im digitalen Zeitalter angekommen“).
  • Logo, um Markenpräsenz zu zeigen
  • Mobile First

Conrad setzt hier auf das Element Humor, welches bei uns für besonders positive Emotionen sorgt und ruft beim Rezipienten gleichzeitig Assoziationen von ihm bekannten Mustern und Werbespots hervor, wie beispielsweise die „traurige Werbung mit dem Opa“. Conrad schlägt so zwei Fliegen meiner einer Klappe:

  1. Die Assoziation der eigenen Marke mit ihrem Spot
  2. Die Assoziationen anderer Marken und Spots (durch die Parodien) mit ihrer Marke

Und mal ehrlich: so einen Carsten kennen wir Marketer doch alle 😉

 

Ihr seht, man kann Weihnachtswerbespots auf sehr unterschiedliche Weisen gestalten und so in den Köpfen der Konsumenten hängen bleiben.

Welche Weihnachtspots sind euch im Kopf geblieben?

 

[unbezahlte Markennennung]

Multisensorisches Marketing

Wie ihr in meinem letzten Beitrag zum Thema Marketing am POS gesehen habt, hat das Kaufverhalten von Konsumenten viel mit deren Wahrnehmung und den vielfältigen Reizen in ihrer Umgebung zu tun.

Deshalb wird gerade am POS auf die multisensorische Erlebbarkeit von Produkten Wert gelegt. Es ist daher wohl kaum eine Überraschung, dass es einen Zweig im Marketing gibt, der sich ausschließlich damit beschäftigt: multisensorisches Marketing

Was bedeutet multisensorisches Marketing?

Multisensorisches Marketing ist „eine Spezifizierung des Marketings, bei der die systematische Ansprache des Konsumenten durch möglichst viele Sinne im Fokus steht“.[1]

Sprich: man versucht Produkte und Werbung so zu gestalten, dass sie möglichst viele Sinne beim Konsumenten ansprechen.

Man verspricht sich dadurch eine bessere und vor allem intensivere Ansprache des Kunden. Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass wir als Menschen und Konsumenten eine Sache sehr gut können: Selektieren. Gerade in Zeiten des Information Overload ist es deshalb für Unternehmen immer schwerer, Konsumenten richtig und gezielt anzusprechen, um so ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Von multisensorischem Marketing erhofft man sich durch die Ansprache mehrerer Sinne und/ oder intensive Ansprache eines Sinns, die Aufmerksamkeit der Konsumenten wieder zu gewinnen, um so natürlich auch deren Kaufbereitschaft zu erhöhen.

Dabei gibt es entsprechend der Sinneswahrnehmung fünf verschiedene Stellschrauben:

  1. Visuelles Marketing
  2. Auditives Marketing
  3. Olfaktorisches Marketing
  4. Gustatorisches Marketing
  5. Haptisches Marketing

1. Visuelles Marketing

Den Großteil der Informationen (83%), die ein Mensch aus seiner Umgebung wahrnimmt, nimmt er über die Augen auf. Ein Mensch verarbeitet pro Stunde durchschnittlich 35.000 Eindrücke mit den Augen.[2]

Die Bedeutung des Sehsinns spielt deswegen nicht nur bei der Werbung eine große Rolle, sondern beginnt bereits bei der Gestaltung eines Produktes. Form, Farbe, Größe, Licht und Schatten – all das sind Elemente, die dabei zu berücksichtigen sind,  da sie eine bestimmte Emotion im Konsumenten auslösen können.[3]

Besonders Farben sind dabei ein wesentliches Gestaltungselement. Sie können beim Konsumenten sowohl positive, als auch negative Emotionen und Assoziationen hervorrufen. Die Farbe Rot beispielsweise wird einerseits mit „Liebe“, „Feuer“ und „Leidenschaft“ in Verbindung gebracht, löst andererseits allerdings auch Assoziationen zu „Blut“, „Aggression“ und „Wut“ aus. Dabei spielen nicht nur die einzelnen Farben eine wichtige Rolle, sondern auch ihre Kombination. So wird die Farbe Hellblau kombiniert mit Rosa oft mit Adjektiven, wie „zart“ und „kindlich“ in Verbindung gebracht.[4] Im Internet gibt es eine Farbe, die als die „stärkste Farbe des Web“ bezeichnet wird. Es wurde nachgewiesen, dass der Blauton mit der Bezeichnung „#0044CC“, den zum Beispiel Facebook verwendet, auf Grund seines besonderen Mischverhältnisses, die mit Abstand höchste Klickrate aufweist. Die Wahl der richtigen Farben ist für werbetreibende Unternehmen somit ein entscheidender Faktor.

Neben der Farbe ist aber vor allem auch die Verwendung von Bildern überaus relevant, da diese beim Betrachter ein sehr hohes Aufmerksamkeits- und Aktivierungspotential auslösen. Bilder vermitteln dem Konsumenten einen höheren Informationsgehalt als beispielsweise Textelemente, weswegen sie länger und aufmerksamer betrachtet werden.[5] Besonders wirksam sind hier wie ihr wisst, die sog. Schlüsselreize, wie z.B. das Kindchenschema.

Ein weiteres wichtiges visuelles Gestaltungsmittel ist die Typographie bzw. die Schriftgestaltung. Die Erkennbarkeit, Lesbarkeit und Auswahl des geeigneten Schrifttyps in Verbindung mit einer passenden räumlichen Gliederung und Gestaltung des Textes tragen wesentlich zum Aufmerksamkeitspotential des Konsumenten bei und beeinflussen dessen Empfindungen.[6]

2. Auditives Marketing

Neben den visuellen Reizen werden im Marketing allerdings auch den Auditiven eine große  Bedeutung zugeschrieben. 11 % der Informationen aus seiner Umgebung nimmt der Mensch mit den Ohren wahr.[7] Wichtig ist auditives Marketing vor allem bei der Inszenierung von Marken, dem sogenannten „Audio-Branding“. Der Hörsinn ist der erste Sinn, der beim menschlichen Embryo entwickelt wird und zudem nicht bewusst ausgeblendet werden kann.[8] Der Schall, den Menschen wahrnehmen, wird im Gehör in elektrische Impulse umgewandelt, die wiederum direkt an das limbische System weitergeleitet werden und somit Emotionen auslösen.[9] Unternehmen haben erkannt, wer in der Lage ist, Töne und Klänge in seiner Werbe- und Markenbotschaft richtig einzusetzen, der kann seinen Umsatz steigern und seine Wettbewerbsposition ausbauen. Elemente eines guten Markenklangs sind dabei dessen Omnipräsenz, sein hoher Wiedererkennungswert, seine Emotionalität und dass er ohne ein begleitendes Bild funktioniert. [10]

Im Rahmen des auditiven Marketings gibt es dabei  verschiedene Komponenten. Eine davon ist die sogenannte „Soundidentity“. Sie ist sozusagen die Basis und als akustische Identität zu verstehen, die die emotionalen Komponenten und die kommunikativen Aussagen, die der Konsument mit der Marke in Verbindung bringen soll, transportiert. Zum Ausdruck gebracht wird sie durch den „Corporate Sound“. Dieser beinhaltet alle akustischen Elemente der Marketingstrategie. Zu diesen Elementen gehören „Soundlogo“, „Jingle”, „Corporate Voice“, „Corporate Soundscape“, „Corporate Song“ und „Hymn“. Das „Soundlogo” ist das akustische Äquivalent zum visuellen Logo und bringt den musikalischen Markenkern auf den Punkt. Es ist kurz, unverwechselbar, emotional und soll eine gewisse Stimmung beim Konsumenten erzeugen. Der „Jingle“ ist eine ausführlichere Version des „Soundlogos“ und wird oft von einem verbalen Werbeversprechen begleitet.

3. Olfaktorisches Marketing

Riechen ist der einzige Sinnesreiz der ungefiltert in das limbische System weitergeleitet wird und somit eine besonders starke emotionale Reaktion auslöst, wobei unangenehme Geruchserfahrungen wesentlich stärker wirken als Schöne.[11] Als besonders störend werden dabei vor allem Schweiß, verbrauchte Luft und Sanitärgerüche empfunden. Hingegen der Geruch nach Blumen, Meer, Kaffee, Zitrus und frischen Gebäck als besonders positiv.[12]

Zur erfolgreichen Umsetzung olfaktorischen Marketings gehören dabei fünf Aspekte. Der erste betrifft das Produktdesign. Bereits hier werden Gerüche impliziert, um positive Konnotationen hervorzurufen, wie beispielsweise der bestimmte Geruch eines Neuwagens. [13] Der Automobilhersteller Cadillac zum Beispiel bearbeitet das Leder für seine Fahrzeugsitze entsprechend, bis der natürliche Geruch von Leder neutralisiert ist.

Neben dem Design des Produktes ist auch das Design der Verpackung zu berücksichtigen. So kann der Geruch einer Verpackung den Anschein erwecken, das Produkt wäre besonders wertig, so wie es bei vielen Kosmetika der Fall ist.

Als Weiteres ist der Point of Sale zu berücksichtigen. Dass die Beduftung des Point of Sale positive Auswirkungen auf den Absatz hat, bewies eine Studie der Universität Paderborn von 1996. In knapp 200 Sportfachgeschäften in Deutschland konnte beobachtet werden, dass durch das Implizieren von Duftstoffen die Beratungsbereitschaft der Kunden um 18,8 % stieg, ihre Verweildauer um 15,9 %, die Kaufbereitschaft um 14,8 % und der Umsatz um bis zu 6 %.[14]

Als letzter, aber zunehmend bedeutungsvoller Aspekt ist der Einsatz olfaktorischen Marketings auf Messen und Verkaufsausstellungen zu nennen. Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Auftritt der Vodafone AG auf der CeBIT 2007, der weltweit größten Messe für Informationstechnik. Elke Kies, die Inhaberin von Magic  Box, einer Agentur, die sich auf olfaktorisches Marketing auf Messen spezialisiert hat, kombinierte für die einzelnen Bereiche des Messepavillons von Vodafone verschiedene fein ausgewählte Duftgemische aus ausschließlich natürlichen Komponenten. So wurde beispielsweise im Catering-Bereich ein asiatischer Zitrusfrüchte-Duft impliziert, der ausgleichend und vitalisierend wirken sollte. Eine Befragung der Besucher auf der CeBIT bestätigte die positive Wirkung der eingesetzten Düfte. 12 % der Befragten fanden das Klima und den Duft auf der Messe allgemein angenehm, wohingegen 44 % es am Vodafone Pavillon als besonders angenehm empfanden. Analog zur bereits oben angeführten Studie der Universität Paderborn,  konnte auch hier die Verweildauer um 16 % gesteigert werden und die positive Produktbewertung sogar um 33 %.[15]

4. Gustatorisches Marketing

Über die Zunge können lediglich vier verschiedene Geschmäcker wahrgenommen werden. Diese sind süß, sauer, bitter und salzig (Umami, welches durch Glutamate hervorgerufen wird und oft als sechster Geschmackseindruck bezeichnet wird, kann hier vernachlässigt werden). Den Großteil der Geschmacksvielfalt machen Aromen aus, die durch den Geruchssinn wahrgenommen werden und 80 bis 90 % der gesamten Geschmackswahrnehmung ausmachen.[16] Im Marketing kommt der Geschmackssinn vor allem bei der Produktgestaltung von Nahrungs- und Genussmitteln zum Einsatz. Durch Geschmacksstoffe sollen beim Konsumenten der Genusswert gesteigert und eine Abgrenzung zur Konkurrenz geschaffen werden. Der Kunde soll Präferenzen entwickeln, die wiederum sein Kaufverhalten beeinflussen sollen.[17]

In vielen Geschäften und Supermärkten finden sich Probierstände, an denen der Konsument das Produkt selber erleben kann. Hier können Unternehmen gezielt Marktforschung und Eigenwerbung betreiben und die Geschmackspräferenzen der Kunden vor Ort  durch etwa vergleichende Tests von Lebensmitteln erforschen.

In der Werbung ist es nicht möglich dem Konsumenten das Geschmackserlebnis durch Probieren zu ermöglichen. Deswegen muss dieser Sinn stets von anderen Sinnen begleitet werden, so zum Bespiel durch die verbale Beschreibung des Geschmacks. Um beispielsweise das besondere Aroma eines Kaffees zu verdeutlichen, wird dieser oft mit Adjektiven wie „vollendet“ oder „anregend“ beschrieben, womit beim Konsumenten bestimmte Assoziationen ausgelöst werden sollen.[18] Ein weiteres Beispiel ist die Kombination von Geschmack und Hören. Die Firma Bahlsen hat das optimale Geräusch für den Verzehr eines Kekses analysieren lassen, so dass der Konsument durch das Geräusch des ersten Zubeißens das Produkt von anderen unterscheiden kann. Das Geräusch des „Knackens“ wurde als Indikator für Qualität, Frische und Knusprigkeit identifiziert, mit welchen der Konsument ein besonderes Geschmackserlebnis assoziiert.[19] Obwohl die Übermittlung des Geschmacks an sich in der Werbung nicht möglich ist, so haben werbetreibende Unternehmen durch die Kombination mit anderen Sinnen vielfältige Möglichkeiten für dessen Inszenierung.

5. Haptisches Marketing

Die Bedeutung der Haptik für den Menschen rührt von seiner Entwicklung her. Babys erkunden ihre Umwelt als erstes mit den Händen und mit den Lippen. So erkunden sie bis hin ins Erwachsenenalter Form, Gewicht, Textur, Temperatur, Konsistenz und Funktion von Objekten.[20]

Im Marketing spielt die Haptik in drei Bereichen eine zentrale Rolle. Zum einen im Produktdesign. Hier soll das Produkt gegenüber Konkurrenzprodukten emotionalisiert und differenziert werden. Im zweiten Bereich, der Markenkommunikation, soll eine emotionale Profilierung, Differenzierung und Erhöhung der Werbeeffizienz erreicht werden. Im dritten Bereich, dem Verkauf, dient die Haptik beispielsweise als Erklärung des Produktes bzw. sie macht dessen Nutzen erlebbar und trägt zur Erhöhung der Kaufbereitschaft bei.[21]

In der konkreten Anwendung werbetreibender Unternehmen ist haptisches Marketing vor allem bei Printmedien besonders beliebt, wie etwa in Form von verschiedenen Prägungen und Druckveredelungen oder besonderer Papiersorten.[22] Allerdings kommt es auch in moderneren Ansätzen zum Einsatz, wie beispielsweise Augmented Reality.

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Du willst mehr über multisensorisches Marketing wissen? Hier findest du meine Bachelorarbeit erhältlich als E-Book in 3 Teilen auf Amazon: https://marketingcorner.de/buecher

Quellen zum Nachlesen

[1] Gohr [2011], S. 22.

[2] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 142.

[3] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 144.

[4] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 153.

[5] Vgl. Kroeber-Riel/ Weinberg [1999], S. 256.

[6] Vgl. Meffert [2000], S. 801.

[7] Vgl. Braem [2007], S. 192.

[8] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 100.

[9] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 99.

[10] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 79.

[11] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 130.

[12] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 131.

[13] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 132.

[14] Vgl. Stöhr [1998], S. 140 ff.

[15] Vgl. Multisense Institut [2013], o.S.

[16] Vgl. Fries/ Knoblich [1996], S. 62 f.

[17] Vgl. Fries/ Knoblich [1996], S. 64.

[18] Vgl. Fries/ Knoblich [1996], S. 67.

[19] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 137.

[20] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 173.

[21] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 175.

[22] Vgl. Gierke/ Nölke [2011], S. 192.

Marketing & Psychologie am POS

Kaum etwas ist marketingstrategisch und psychologisch so gut durchdacht wie der Point of Sale (POS). Oder glaubt ihr, es ist Zufall, dass es in den meisten Supermärkten auch eine Bäckerei oder einen Backshop gibt?

Fakt ist, dass am Point of Sale die Anzahl der high involvierten Kunden überdurchschnittlich hoch ist und gleichzeitig auch die Möglichkeit von Sofortreaktionen, also z.B. Spontankäufen. Deshalb werden Produkte und Marken dort so inszeniert, dass der high involvierte Kunde dort schnell die für ihn relevanten Informationen erhält und gleichzeitig durch zusätzliche, multisensorische Anreize zum Kauf animiert wird.

Aber auch für low involvierte Kunden bietet der POS ideale Möglichkeiten zur Ansprache. Dabei spielt die Atmosphäre in einem Geschäft eine wesentliche Rolle. Forscher fanden heraus, dass  durch positive peripher wahrgenommen Reize (z.B. angenehme Hintergrundmusik), bestimmte Hormone ausgeschüttet werden, die beim Menschen für eine positive Grundstimmung sorgen. Eine positive Grundstimmung erhöht wiederum die Kaufabsicht. Deswegen ist man am POS darauf bedacht, vor allem für „Bummler“ eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, welche u.a. die Verweildauer und somit auch die Kaufabsicht erhöht.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie man den POS nach psychologischen Gesichtspunkten gestalten kann, um eine optimale Kundenansprache zu erreichen. Heute möchte ich euch aber lediglich ein paar der Gängigsten vorstellen, damit ihr einen Eindruck bekommt und vielleicht auch künftig etwas sensibilisierter dafür seid 😉

 

Frischer Brotduft

Eingangs hatte ich es ja schon erwähnt: das mit dem Bäcker am Eingang ist kein Zufall! Der Duft nach frisch Gebackenem gilt für uns Menschen als einer der angenehmsten Gerüche. Er stimuliert unseren Appetit und ihr kennt das vermutlich alle: wer hungrig einkauft, kauft mehr als ursprünglich geplant.

Übrigens: auch Zitrusduft wirkt sich positiv auf unsere Grundstimmung und die Verweildauer am POS aus.

 

Musik

Auch akustisch ist in vielen Supermärkten und Boutiquen einiges geboten. Angenehme Musik versetzt uns in eine positive Grundstimmung. Dabei spielt vor allem die Geschwindigkeit der Musik eine große Rolle. „Gehgeschwindigkeit“ wirkt sich signifikant auf die Verweildauer im Geschäft aus – die Kunden bleiben länger. Zu schnelle oder aggressive Musik hingegen kann schnell „stressen“ und den Kunden zum „Durchhetzen“ veranlassen. Beim Musik-Genre sollte man sich wie immer mit seiner Zielgruppe auseinandersetzen. Studien habe gezeigt, dass in Bekleidungsgeschäften für Jugendliche vor allem Rock und Pop zu einer längeren Verweildauer führen, während man in der Damenabteilung eher auf unaufdringliche Hintergrundmusik setzen sollte.

 

Farben

Farben spielen in unserer Wahrnehmung eine große Rolle. Es gibt Farben, die wir als angenehm und ruhig empfinden, wie z.B. Blau und es gibt Farben, wie beispielsweise Rot, die einerseits aggressiv, aber andererseits auch animierend wirken können.

Auch in Supermärkten spielt das Farbschema eine große Rolle. Meist findet ihr deshalb gleich am Anfang die Obst- und Gemüseabteilung. Die vielen bunten und frischen Farben wirken sich positiv auf unser Stimmung, unseren Appetit und somit das Kaufverhalten aus.

Farben stehen zudem für Sonderangebote. Sie sollen uns direkt ins Auge springen und werden deshalb oft rot gekennzeichnet.

Auch beim Metzger spielt die Farbe Rot eine wichtige Rolle. Oftmals wird die Fleischtheke indirekt mit rotem Licht beleuchtet. Dadurch wirkt das Fleisch frischer und appetitlicher.

 

Künstliche Verknappung

Ihr geht in den Supermarkt und seht eine gesonderte Verkaufsfläche für beispielsweise Teelichter und auf dieser ganzen großen Fläche befinden sich nur noch ein bis zwei Packungen. Die Fläche ist gekennzeichnet mit „Sonderangebot“. Ihr denkt euch „oh, da ist ja fast nichts mehr da – schnell zugreifen bevor der Rest auch noch weg ist“. Ich garantiere euch: geht ein paar Stunden später nochmal in den Laden und ihr werdet feststellen, dass die Fläche aufgefüllt wurde.

Das Prinzip dahinter nennt sich künstliche Verknappung. Man will den Eindruck erwecken, dass schon viele Personen das Angebot wahrgenommen haben und dass der Kunde nur noch eine begrenzte Möglichkeit hat, das Produkt zum Sonderpreis zu erwerben, indem man lediglich ein paar Einheiten in die Auslage legt. Durch das Gefühl, das Angebot vielleicht später nicht mehr wahrnehmen zu können (auch, wenn wir das Produkt nicht brauchen), bringt uns oft dazu, es zu kaufen.

 

Verkaufsstelen

Verkaufsstelen sind ein wirkungsvolles Mittel um Produkte im Supermarkt in den Vordergrund zu rücken. Die Anzahl an Stelen in einem Markt sind aus Platz-, Sicherheits- und Vermarktungsgründen begrenzt und deshalb sehr beliebt bei Herstellern. Sie geben dem Produkt eine Sonderstellung im Markt und bedeuten dem Kunden, dass das Produkt darin etwas Besonderes ist. Sie deuten an, dass Produkt sei z.B. hochwertiger oder besonders günstig oder etwa eine Neuerscheinung. Dabei variiert die Gestaltung der Stele natürlich pro Produkt und Marke.

 

Preisschilder

Das Thema Preispsychologie hatte ich bereits letzte Woche behandelt. Wie ihr schon wisst, spielen Verkäufer häufig mit 90er oder 99er Preisen. Ebenfalls ist die farbliche Gestaltung der Preisschilder ein beliebtes Mittel, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Vielleicht ist euch schon mal aufgefallen, dass Produkte manchmal durch hervorstehende, gelbe Preisschilder mit roter Schrift hervorgehoben werden. Im ersten Moment suggeriert das, dass es sich bei dem Produkt um ein Sonderangebot handelt. Aber das ist nicht immer der Fall. Achtet mal darauf und ihr werdet feststellen, dass die Produkte oftmals die gleichen Preise wie regulär auch haben. Diese bunten Preisschilder sollen uns lediglich glauben lassen, es handle sich dabei um ein Sonderangebot, damit wir zuschlagen.

 

Verpackung

Eines der wohl wichtigsten Themen am POS ist die Verpackung eines Produktes. Farben, Formen, Muster, Markenkennzeichnung – all das lässt uns auf Qualität, den Geschmack, die Wiederekennung von Marken, den Preis und viele weitere Produkteigenschaften schließen und beeinflusst so unsere Kaufentscheidung.

Product Packaging ist ein sehr spannendes Thema und wiederum eine Wissenschaft für sich. Deshalb möchte ich mich demnächst auch mit einem Video speziell zum Thema Verpackungsdesign bei euch zurückmelden.

 

Wie ihr seht, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den POS zu gestalten und den Kunden zu animieren, länger zu bleiben und seine Kaufabsicht zu erhöhen. Achtet doch in Zukunft ein bisschen drauf und schreibt mir gerne, falls euch noch weitere interessante „Tricks“ (das ist nicht manipulierend gemeint) auffallen.

Preispsychologie

Habt ihr euch beim Einkaufen im Supermarkt schon mal gefragt, warum die günstigen Produkte meistens ganz unten im Regal sind? Oder warum Preise oft 90 Cent oder 99 Cent nach dem Komma haben?  Wir ihr vermutet oder vielleicht sogar schon wisst, ist das natürlich kein Zufall. Diese Art der Produktplatzierung hat mit einer bestimmten Marketingstrategie zu tun: Preispsychologie.

 

Was bedeutet Preispsychologie?

Preispsychologie befasst sich unter anderem mit der Auslösung emotional gesteuerter Kaufentscheidungen durch wahrgenommen Preise von Produkten und Dienstleistungen. Eine weitere wichtige Rolle spielen auch unsere Neigung zu Daumenregeln/ Faustregeln (Heuristiken) und die Beschaffenheit unseres kognitiven Apparats.

Ganz vereinfacht gesagt, befasst sich Preispsychologie damit, wie Konsumenten Preise in verschiedenen Situationen, Umfeldern und Kontext wahrnehmen und darauf reagieren.

 

Preissensibilität: Warum achten wir überhaupt auf Preise?

Viele Konsumenten behaupten von sich, auf Preise zu achten. Dabei ist die Wahrheit laut verschiedener Studien allerdings, dass die meisten die Preise nicht mal genau kennen – nicht mal von Produkten, die sie gerade gekauft haben. Preissensibilität hat weniger mit der tatsächlichen Preishöhe zu tun, als mit dem subjektiven Empfinden des Käufers, Ankerwerten, der Art des Produktes und der Präferenz des Käufers für das Produkt.

Ein Beispiel: bei Babynahrung sind hohe Preise nahezu unbedeutend. Hier gilt „nur das Beste für mein Kind“.

Der Konsument eruiert einen nach seinem Empfinden „fairen“ Preis. Dieser liegt meisten unter dem tatsächlichen Angebotspreis. Allerdings gibt es hier einen gewissen Toleranzbereich. Preisschwankungen in diesem Bereich haben kaum einen Effekt auf das Kaufverhalten (Konzept der Preisschwellen).

 

Die Preis-Qualitäts-Regel

Konsumenten schließen von Preisen gerne auf die Produktqualität. Hierbei handelt es sich um eine Heuristik, wenn zum Beispiel auf Grund von geringem Involvement und wenig Vorkenntnis keine besseren Informationen verfügbar sind. Der Konsument schließt ganz simpel: teuer – also gut.

Es gibt noch weitere Faktoren, die dazu führen, dass Kunden vom Preis auf die Qualität schließen:

  • Die Preise von Konkurrenzprodukten unterscheiden sich um ähnliche Beträge voneinander
  • Die Preise sind in der Regel stabil und schwanken weder saisonal noch im Zuge von Sonderangeboten
  • Der absolute Preis ist hoch
  • Das Produkt gehört zu einer bekannten Marke
  • Der Konsument stammt aus einer eher niedrigen sozialen Schicht

 

Motivation durch Preise

Es liegt nahe, dass Konsumenten den Preis als Qualitätsindikator heranziehen, da er ihnen im Vergleich zu den eigentlichen Produkteigenschaften ja meistens direkt ins Auge fällt. Preise haben allerdings noch zwei weitere Funktionen: eine Informations- und eine Nutzenfunktion. Welche Rolle der Preis aber letztendlich bei der Kaufentscheidung spielt, hängt wiederum vom Involvement des Kunden und seinem (Vor-)Wissen zum Produkt ab. Wenn wir uns mit den (Qualitäts-) Merkmalen des Produktes nicht gut auskennen und auch keine Vorstellung von einem fairen Preis haben, dann betrachten wir den Preis als eine Art Zusammenfassung von den uns unbekannten Produkteigenschaften (der Preis wird zur Heuristik). Ist unser Involvement hingegen hoch und haben eine genaue Vorstellung von den Qualitätsmerkmalen, dann fließt der Preis als zusätzliche Produkteigenschaft in die Kaufentscheidung mit ein.

Innerlich treibt uns dabei allerdings ein Wunsch maßgeblich an: der Wunsch zu sparen. Aber wie kommen Konsumenten überhaupt zu dem Gefühl, dass ein Preis günstig ist? Hierzu betrachten wir beispielhaft zwei Strategien im Markt:

  • Effekt der letzten Ziffer
  • Sonderangebote

Effekt der letzten Ziffer

Wie euch vermutlich schon aufgefallen ist, enden Preise häufig auf 0, 5 und vor allem 9. Das liegt daran, dass wir eine leichte Tendenz haben, letzte Ziffern von Preisen zu ignorieren, wodurch unsere Preiswahrnehmung verzerrt wird.

Besonders bei Preisen, die auf 99 Cent enden, weicht unsere Wahrnehmung von der Realität ab. Dies liegt daran, dass wir einer Studie zufolge bei 99er-Preisen davon ausgehen, dass diese der niedrigste verfügbare Preis für ein Produkt sind, der Preis in letzter Zeit nicht angehoben wurde oder es sich um ein Sonderangebot handelt. Sprich, wir assoziieren den 99er-Preis mit Preisgünstigkeit – allerdings nicht mit sonderlicher Qualität. Man nimmt an, dass wir zu dieser Annahme sozialisiert wurden. Es besteht demnach auch ein Zusammenhang zwischen Preisen, die auf 9 enden und Niedrigpreishinweisen, wie beispielsweise der Nennung eines Rabatts.

Etwas das ebenfalls in die Wahrnehmung von Preisen mit hineinspielt, sind bestimmte Gedächtniseffekte. Unsere Aufmerksamkeit auf die einzelnen Ziffernstellen des Preises nimmt vom Lesen von links nach rechts immer weiter ab, so dass die Linke Ziffer eines Preises die Wichtigste ist.

Sonderangebote

Niedrige Preise sind für uns besonders attraktiv, wenn wir sie zusätzlich als Sonderangebote erleben. Unsere Kaufmotivation steigt dadurch. Für Anbieter sind sie deshalb attraktiv, weil sie sich dadurch erhoffen, dass der interne Referenzpreis stabil bleibt. Marketern und Händlern wird auch empfohlen, den Referenzpreis beim Sondernagebot mitanzugeben (z.B. 19,90€ statt 39,90€), weil dies besonders effektiv ist. Außerdem:

  • Wenn die Preisersparnis bei mind. 20% liegt, ist es auf jeden Fall lohnenswert, diese Differenz in der Werbung kenntlich zu machen
  • Sehr große Preisdifferenzen von über 50% werden meistens als unglaubwürdig vom Konsumenten empfunden und sind deshalb nicht effektiv

 

5 Effekte der Preispsychologie

Im vorherigen Abschnitt, sind wir jetzt schon weiter in bestimmte Maßnehmen und Effekte eingestiegen. Nachfolgend möchte ich euch 5 Effekte der Preispsychologie vorstellen:

  • Deal Effect
  • Separation Effect
  • Paradox of Choice
  • Compromise Effect
  • Endowment Effect

Deal Effect

Dieser Effekt beschreibt das, was ich vorhin schon sagte: Dem Preis wird ein Vergleichsobjekt bzw. ein Referenzpreis hinzugefügt, der das Angebot hervorhebt. Wichtig ist hier eben, dass das Angebot mind. 20% günstiger ist als der Referenzpreis. Der Kunde nimmt so einen zusätzlichen Vorteil wahr. Der Deal Effect tritt allerdings nicht nur bei Referenzpreisen auf. Es können beispielsweise auch Referenzprodukte dargeboten werden oder On-Pack-Promotions („ich bekomme mehr für meine Geld“).

Separation Effect

Der Separation Effect beschreibt eine bewusste zeitliche Trennung von der Zahlung einer Leistung und deren nutzen, wodurch es der Kunde als angenehmer empfindet, wenn er die Leistung erhält. Ein Beispiel hierfür: Handyflatrate vs. Prepaid. Auch wenn der Flatratevertrag in der Summe vielleicht teurer ist als Prepaid, so ist die Nutzung für den Konsumenten angenehmer, da er den Geldfaktor nicht ständig im Hinterkopf hat. Ebenso verhält es sich bei All Inclusive in Hotels.

Paradox of Choice

Dieser Effekt beschreibt, dass je größer die Auswahl für den Kunden ist, desto attraktiver wirkt das Angebot auf ihn. Gleichzeitig:  Je kleiner die Auswahl, desto leichter fällt die Entscheidung zwischen den Produkten und damit die Kaufentscheidung

Compromise Effect

Beim Compromise Effect tendieren die Kunden dazu im Zweifel ein mittelpreisiges Angebot anzunehmen, da das erlebte Risiko für sie hier am geringsten ist. Haben sie beispielsweise 3 Flaschen Wein zu unterschiedlichen Preisen (3€, 6€, 15€) zur Auswahl und kennen sich mit den Produkteigenschaften nicht aus und/ oder sind low involviert, werden sie eher zum mittleren Wein tendieren. Der günstigste Preis suggeriert „Fusel“ und der teuerste „zu viel Geld dafür, dass ich kein Weinkenner bin“. Der mittelpreisige Wein vermittelt dem Konsumenten, seine Erwartungen am ehesten zu erfüllen.

Endowment Effect

Hier bekommt der Kunde das Gefühl, dass ihm etwas bei seiner Kaufentscheidung entnommen oder auf negative Art hinzugefügt wird. Beispiel: bei der Konfiguration eines Neuwagens sind bestimmte Ausstattungselemente nur als Paket erhältlich. Man nimmt in Kauf für das vermeintliche „Vorteilspaket“ mehr zu zahlen, obwohl man es nicht vor hatte, aus Angst davor diese Zusatzleistungen anders zu verlieren.

 

Einige Anwendungsbeispiele von Preispsychologie in der Praxis in der Praxis

Die oben beschriebenen Effekte finden zum Teil recht häufig vor allem am POS Anwendung. Ein paar praktische Beispiele hierfür möchte ich euch auch nochmal kurz aufzeigen.

Billigprodukte unten im Regal

Zu Beginn hatte ich ja gesagt, dass Billigprodukte oft unten im Regal platziert wird. Dies gilt vor allem für günstige Eigenmarken. Der Grund dafür ist, dass man die Kunden auf die mittelpreisen Produkte auf Augenhöhe lenken möchte, denn Bücken für ein Produkt wird als Anstrengung empfunden. Bei besonders preisbewussten Konsumenten oder solchen, denen es körperlich (und auch zeitlich) nichts ausmacht, unten im Regal zu suchen, funktioniert diese Anordnung allerdings nicht.

Vermeintliche Sonderangebote auffällig gekennzeichnet

Hier kommen wir auch schon stark ins Thema Psychologie und Produktgestaltung am POS. Preisschilder werden am POS gerne sehr auffällig gekennzeichnet. Dies suggeriert dem Kunden, dass es sich hierbei um eine Sonderangebot handelt, auch wenn es tatsächlich gar keins ist. Wir verbinden Signalfarben, wie rot und gelb häufig mit Preisnachlässen und greifen so gerne mal schneller.

Nachkommastelle

Dieses Thema hatte ich vorhin schon ausführlich behandelt und ist nach wie vor gängige Praxis in Online Shops und Supermärkten, wobei die 90er-Preise inzwischen gängiger sind, was mit den unbeliebten 1-Cent-Ausazhlungsbeträgen zusammenhängt. Der Kunde hat aber denn noch das Gefühl, „günstiger“ eingekauft zu haben.

Billig – mittel – teuer

Geht man in einen Elektrofachhandel und schaut euch Kaffeemaschinen an. Dort werde ihr feststellen, dass entweder von der gleichen Marke oder verschiedenen Marken immer günstige, mittelpreisige und teure Produkte nebeneinander dargeboten werden. Hier sind wir wieder beim Compromise Effect. Auf Grund dieser Platzierung der Produkte am POS werden wir uns in der Regel für das mittelpreisige Produkt entscheiden. Macht euch doch mal den Spaß und fragt den Verkäufer, ob er vom teuren Produkt auch zufällig drei Stück auf Lager hat. Oftmals sind diese gar nicht vorrätig, weil man gar nicht erst davon ausgeht, dass der Kunde sie kauft. Das mittelpreisige Produkt hingegen ist im Dutzend für die ganze Verwandtschaft erhältlich ????

 

Abschließend

Wie ihr seht, ist das Thema Preispsychologie sehr umfangreich und ich habe hier auch nur ein paar aus meiner Sicht wesentliche und sehr interessante Bestandteile aus diesem Themengebiet herausgegriffen. Wer hier noch weiter einsteigen möchte, dem empfehle ich das Buch „Werbe- und Konsumentenpsychologie“ von Georg Felser. Dort wird die Thematik ausführlicher behandelt.

Nichtsdestotrotz denke ich, dass ihr nun noch etwas aufmerksamer durch die Regale und den Onlinehandel schweift und ja vielleicht auch die ein oder andere Idee für euer eigenes Unternehmen mitnehmt.

Wir ihr vielleicht auch bemerkt habt, gehen wir mit dem Thema Preispsychologie auch ganz stark auf das Thema Psychologie und Produktgestaltung am POS zu, welches wir demnächst ebenfalls behandeln werden.

Habt ihr euch beim Einkaufen im Supermarkt schon mal gefragt, warum die günstigen Produkte meistens ganz unten im Regal sind? Oder warum Preise oft 90 Cent oder 99 Cent nach dem Komma haben?  Wir ihr vermutet oder vielleicht sogar schon wisst, ist das natürlich kein Zufall. Diese Art der Produktplatzierung hat mit einer bestimmten Marketingstrategie zu tun: Preispsychologie.

 

Kaufentscheidungen

Wie ihr inzwischen wisst, hängen die Kaufentscheidungen von Konsumenten von vielen verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören persönliche Faktoren, Umweltfaktoren, das jeweilige Involvement des Konsumenten und wie wir seit kurzem auch wissen Marken.

Dabei haben wir allerdings noch nicht geklärt, was Kaufentscheidungen eigentlich sind und welche Formen und Arten der Kaufentscheidung es gibt. Genau das, erkläre ich euch in diesem Artikel.

 

Was sind Kaufentscheidungen?

Der Begriff Kaufentscheidung an sich kann, wie es eigentlich mit jeder Definition ist, auf verschiedene Weisen definiert und in diesem Zusammenhang weit oder eng gefasst werden.

Dies bedeutet, dass unter einer Kaufentscheidung beispielsweise lediglich das Zustandekommen des Kaufentschlusses (z.B. eine bestimmte Marke zu kaufen) oder aber der gesamte Kaufentscheidungsprozess, also von der Angebotswahrnehmung bis zum Kauf, verstanden werden kann.

Unabhängig davon, welche Definition man wählt, ist ein Faktor für die Kaufentscheidung jedoch wesentlich: das Involvement.

 

Zusammenhang Kaufentscheidung und Involvement

Man unterscheidet hier zwischen kognitivem und emotionalem Involvement. Bei kognitiven Involvement liegt der Fokus auf dem Ausmaß der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung. Beim emotionalen Involvement hingegen ist die Entscheidung an affektive Motive gekoppelt, die eine emotionale Verbundenheit schaffen.

Dadurch kann man vier Arten von Kaufentscheidungen voneinander unterscheiden:

  • Impulsive Kaufentscheidungen
  • Extensive Kaufentscheidungen
  • Habitualisierte Kaufentscheidungen
  • Limitierte Kaufentscheidungen

Impulsive Kaufentscheidungen resultieren aus einem hohen emotionalen und einem gleichzeitig niedrigen kognitiven Involvement. Sie sind der klassische Impulskauf der durch hohe Aktivierung und schnelles Handeln gekennzeichnet ist. Ein typisches Beispiel hierfür ist die sog. „Quengelware“ an der Kasse, die zum schnellen Zugreifen „ohne viel nachzudenken“, verleitet.

Extensive Kaufentscheidungen hingegen resultieren aus hohem emotionalem und ebenso hohem kognitivem Involvement. Das betrifft vor allem Kaufentscheidungen, bei dem es um einen hohen finanziellen und zeitlichen Invest geht, wie beispielsweise den Kauf eines Hauses. Merkmale der extensiven Kaufentscheidung sind der hohe Informationsbedarf des Konsumenten, eine lange Entscheidungsdauer und die Wahrnehmung der Notwendigkeit von Bewertungskriterien. Da hier die Anforderungen an den Konsumenten sowohl emotional als auch kognitiv sehr hoch sind, kommt es hier oft zu Vereinfachungen im Entscheidungsprozess durch Heuristiken oder Entscheidungsabnahmen oder den Abbruch des Prozesses.

Habitualisierte Kaufentscheidungen könnte man aus Sicht des Involvements als Gegenteil von extensiven Kaufentscheidungen betrachten. Hier ist sowohl die emotionale als auch die kognitive Komponente niedrig. Die Basis solcher Entscheidungen sind verfestigte Verhaltensmuster beim Einkaufen, auch bekannt als Gewohnheitskauf. Merkmale sind u.a. eine geringe Entscheidungszeit und ein geringes subjektiv erlebtes Risiko. Sie gelten zumeist bei Gütern des täglichen Bedarfs.

Limitierte Kaufentscheidungen weisen ein hohes kognitives Involvement bei gleichzeitig niedrigem emotionalem Involvement auf. Limitiert bedeutet, dass der Konsument nur einen begrenzten Ausschnitt des Kaufangebots berücksichtig, das sog. Evoked-Set. Auch hier kommen bewährte Beurteilungskriterien zum Einsatz.

Limitierte KaufentscheidungenQuelle: in Anlehnung an Narayana/Markin (1975); Mowen/Minor (2001)

 

In der nachfolgenden Grafik wir der Zusammenhang zwischen Involvement und Kaufentscheidung noch einmal deutlich:

Kaufentscheidung & InvolvementQuelle: In Anlehnung an Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein (2009): Konsumentenverhalten, S. 414., 9. Auflage, München.

 

Das Verhalten von Konsumenten bei Entscheidungsprozessen lässt sich also aus der Verknüpfung von kognitiven und emotionalen Prozessen erklären. Zusätzlich können hier auch reaktive Prozesse mit hineinspielen, also solche, die uns dazu veranlassen, automatisch zu handeln, so wie es beispielsweise bei habitualisierten und impulsiven Kaufentscheidungen der Fall ist.

Marke Teil III – Der Aufbau einer starken Marke am Beispiel Pablo Emilio BurgerBar

WERBUNG da Markennennung

 

Diesmal mit einem besonderen Gast: Ilker alias Pablo von der Pablo Emilio BurgerBar. Ein Beispiel dafür, wie man mit authentischem Auftreten und gutem Social Media Content eine Marke aufbaut.

Follow on Facebook https://www.facebook.com/PabloEmiloBurgerBar/

and Instagram https://www.instagram.com/pablo_emilio_burgerbar/?hl=de

Marke Teil II

Beim letzten Mal haben wir uns mit der Definition und Bedeutung von Marken aus betriebswirtschaftlicher Sicht befasst. Heute stellen wir uns den Fragstellungen, die ich zu Beginn des Themas in den Raum gestellt hatte:

Wieso erinnern wir die Details von Marken so gut? Warum kennen wir ihre Werbeslogans? Wieso verbinden wir Marken mit bestimmten Situationen, Gefühlen, Farben usw.? Warum vertrauen wir (manchen) Marken? Wie erleichtern Marken unsere Kaufentscheidung? Ist es wirklich so schlimm ein „Markenschwein“ zu sein?

Zur Beantwortung dieser Fragen spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:

  1. Das Unternehmen hat von Anfang an in seiner werblichen Kommunikation etwas verdammt richtig gemacht
  2. Gewisse Strukturen in der Black Box des Konsumenten ebenen den Weg zur Markenerinnerung
  3. Das Unternehmen macht euch heute noch verdammt viel richtig in seiner werblichen Kommunikation

1. Unternehmen hat von Anfang an in seiner werblichen Kommunikation etwas verdammt richtig gemacht

Was meine ich damit? Marken schießen nicht über Nacht aus dem Boden und sind dann eine Millarden Dollar schwere, globale Brand. Um das zu werden, muss das Unternehmen etwas tun, nämlich (richtig) werben. Auch, wenn das viele vielleicht nicht gerne hören, aber dazu gehört in der Regel, sich mit seinem Produkt bzw. seiner Marke und der Zielgruppe, die man erreichen möchte, genau auseinanderzusetzen:

  1. Wer bin ich?
  2. Was ist mein Produkt/ meine Marke?
  3. Was kann mein Produkt/ meine Marke? Was ist der USP?
  4. Wer sind meine Kunden?
  5. Wo sind meine Kunden?
  6. Wie erreiche ich sie? (zeitlich, örtlich, welches Involvement)
  7. Welche Werte/ Emotionen möchte ich mit meinem Produkt/ meiner Marke vermitteln?
  8. Welches Budget habe ich?
  9. Welches Budget haben meine Kunden?
  10. usw.

Die Antworten auf all diese Fragen sind wichtig, um das Produkt/ die Marke richtig nach außen zu transportieren und zu kommunizieren und bringen uns zurück zu einem Tool, das wir bereits kennengelernt haben: Emotionale Konditionierung

Wir verbinden mit Marken vielmehr die damit verbundene Emotion als die technischen Fakten. Ein Paradebeispiel hierfür ist die Pepsi-Cola-Challenge (http://discover-neuro.de/markenvergleich-coke-or-pepsi/ ) – ein Blindtest, bei dem die Konsumenten in der ersten Verkostung (Blindverkostung) Pepsi bevorzugten und in der zweiten Verkostung, in welcher sie die Markennamen wussten, Cola bevorzugt wurde. Kleiner Teaser: diesen Test werde ich demnächst auch nochmal durchführen. 😉

Kurz gesagt: die richtige werbliche Positionierung der Marke, trägt maßgeblich zu ihrem Erfolg bei.

(Natürlich möchte ich nicht abstreiten, dass auch manchmal ein Quäntchen Glück dazu gehört)

2. Gewisse Strukturen in der Black Box des Konsumenten ebenen den Weg zur Markenerinnerung

Dass wir die Kommunikation rund um Marken so erfassen, speichern und assoziieren können, wie wir es tun, liegt an einer Besonderheit unserer Informationsverarbeitung und Informationsspeicherung:

Markenwissen wird als sog. semantisches Wissen im Langzeitgedächtnis gespeichert. Semantisches Wissen umfasst Faktenwissen, Integrationsregeln und analytische Problemlösemuster. Wir bilden aus diesem Wissen ein sog. assoziatives Netzwerk. Dieses setzt sich bildlich aus Knoten und Kanten zusammen. Knoten sind dabei z.B. die Markeneigenschaften, die über die Kanten miteinander verbunden sind. Die Länge der Kanten gibt Auskunft über die Intensität der Assoziation.

Beim Prinzip des assoziativen Netzwerks geht man von einer sich ausbreitenden Aktivierung aus. Das bedeutet, dass ein Reiz einen Knoten aktiviert und dieser aktiviert wiederum über die Kanten andere Knoten.

Hier ein Beispiel zur Veranschaulichung:

Semantisches Netzwerk am Beispiel MilkaQuelle: Gruppenarbeit, Kurs Konsumentenspychologie, Prof. Dr. Andreas Schöler, Hochschule für angewandtes Management.

3. Das Unternehmen macht auch heute noch verdammt viel richtig in seiner werblichen Kommunikation

Nur weil man einmal erfolgreich war, heißt es noch lange nicht, dass man sich darauf ausruhen kann. Gerade in Zeiten des absoluten Überangebots an Waren und Ersatzprodukten, muss man immer wieder aufs Neue versuchen, dem Konsumenten im Gedächtnis zu bleiben.

Und auch der Konsument verändert sich. Gerade durch gesellschaftlichen Wertewandel, kann sich die Einstellung zu einem Produkt/ einer Marke rapide ändern.

Marken und Konsumentenverhalten

Wie im letzten Teil schon beschrieben, beeinflussen Marken unser Kaufverhalten:

Kundennutzen Marke

Insbesondere der sog. Halo-Effekt spielt hier für Kunden und Unternehmen gleichermaßen eine wichtige Rolle. Der Halo-Effekt. Dieser besagt, dass wenn einmal ein Urteil über das Gesamte gebildet wurde (z.B. das Image einer Markte), dann beeinflusst dies wiederum die Wahrnehmung einzelner Eigenschaften einer Marke und ihrer Produkte.

Kurz gesagt: wir haben die Marke einmal oder mehrmals für gut befunden. Wir vertrauen ihr und deshalb können wir auch weiteren Produkten der Marke vertrauen. Warum sollte ich mich in einer stressigen Kaufsituation (z.B. Zeitdruck) mit dem Abwägen von vielleicht günstigeren Alternativen beschäftigen, wenn ich ohne lange Nachzudenken auf Bewährtes zurückgreifen kann?

Heißt das jetzt etwa, dass neue Produkte/ Marken keine Chance haben?

Nein. Natürlich ist es schwer, sich gegen Alt-Bewährtes durchzusetzen, aber es gilt, die richtigen Impulse zu setzen, um dem Konsumenten zu zeigen, dass man konkurrenzfähig ist. Wie zeige ich dem Konsumenten, dass ich gleichwertig und vertrauenswürdig bin? Genau das gilt es in der Kommunikation zu vermitteln. Ein schönes Bespiel, wie ich hier finde: Gut & Günstig. Die Eigenmarke von Edeka sagt genau das aus, was der Konsument wissen muss.

Zusammenfassend

Warum vertrauen wir (manchen) Marken? Wie erleichtern Marken unsere Kaufentscheidung? Hinter den Antworten auf diese Fragen steckt, wir ihr gesehen habt, sehr viel Arbeit auf Unternehmensseite und natürlich auch unsere Bereitschaft, uns mit einer Marke und ihrer Werbebotschaft auseinanderzusetzen (Involvement!).

Und um auch noch auf die letzte Frage einzugehen: Ist es wirklich so schlimm ein „Markenschwein“ zu sein?

Nun ja, hier solltet ihr euch  eher fragen, ob ihr zufrieden mit der Bequemlichkeit des Alt-Bewährten seid (Bequemlichkeit bitte nicht negativ verstehen) oder euer Kaufverhalten lieber optimiert.

Auf Unternehmensseite gibt es bei dieser Frage so oder so immer einen Verlierer. Wichtig ist nur, dass nicht ihr der Verlierer seid 😉

Schlüsselreize

Bildrechte der verwendeten Werbeanzeigen liegen bei den einzelnen Unternehmen

Was haben die Bilder zu Beginn meines Videos gemeinsam? Sie aktivieren – und zwar besonders stark. Woran das liegt? Diese Werbeanzeigen funktionieren durch sog. Schlüsselreize.

Was Schlüsselreize sind und warum sie in der Werbung so ein ausgesprochen starkes Tool sind, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Was sind Schlüsselreize?

Schlüsselreize werden in der Verhaltensbiologie definiert, als für eine bestimmte Situation charakterisierte Umweltreize oder auch Reizkombinationen, die auf Grund von angeborenen Auslösemechanismen beim Individuum ein bestimmtes Verhalten auslösen oder aufrecht erhalten. Schlüsselreize können zudem auch die Orientierung einer Verhaltensweise ändern oder  über bestimmte motivierende Reize auch die Stimmungslage. Schlüsselreize existieren allerdings auch in erlernten Situationen. Hier sind die Reize stammesgeschichtlich besonders entwickelte Schlüsselreize, die eine soziale Kommunikation ermöglichen.

Vereinfach gesagt: Schlüsselreize, sind Reize auf die wir quasi automatisch reagieren, weil unsere Reaktion darauf bereits in angeborenen oder erlernten Verhaltensweisen verankert ist.

Welche Bedeutung haben sie für das Marketing?

Im Werbe-Kontext werden Schlüsselreize gezielt eingesetzt, um die Aufmerksamkeit des Konsumenten zu erregen und somit die Aufnahme der Werbebotschaft zu verstärken. So sollen sich Produkte und Marken in den Köpfen der Konsumenten festigen und im besten Fall die Kaufbereitschaft erhöhen.

Warum das ausgerechnet bei den sog. Schlüsselreizen der Fall sein soll, liegt daran, dass diese Art Reize zu den affektiven Stimuli zählen, was wiederum bedeutet, dass sie auf Grund angeborener oder konditionierter Reiz-Reaktionsmechanismen positive oder auch negative Emotionen auslösen.

Je nach subjektiver Interpretation des Reizes durch den Konsumenten, bewirkt das eine unterschiedliche Aktivierung. Beispielhaft dargestellt würde das bedeuten, dass ein starker Aktivierungsreiz, notwendig ist, um je nach Involvement-Situation (da haben wir das Involvement ja wieder), die Aktivierungsstärke entweder zu erhöhen (bei High-Involvement) oder generell Aktivierung zu erreichen (bei Low-Involvement). Dieser Prozess kann dann entweder ein bestimmtes Engagement, wie z.B. Kaufabsicht, beim Konsumenten auslösen, aber auch lediglich eine Zuwendung zur Werbebotschaft oder im schlechtesten Fall eine Vermeidung. Die endgültige Wirkung des werblichen Reizes hängt somit von der Art und Weise ab, wie er dargeboten wird (z.B. Intensität, Gestaltung, Dauer, etc.) und von der subjektiven Situation und Interpretation durch den Konsumenten.

Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass durch Schlüsselreize eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, beim Konsumenten Aktivierung und somit idealerweise positive Emotionen auszulösen, was – wenn ihr euch an die emotionale Konditionierung erinnert – dazu führen kann, dass er eure Marke/ eurer Produkt mit der positiven Emotion verbindet, was beispielweise zu einer besseren Erinnerung eurer Marke/ eures Produktes und somit im besten Fall zum Kauf führen kann.

Was sind besonders wirksame Schlüsselreize?

Wenn ihr euch die Werbeanzeigen aus dem Video noch einmal anschaut, könnt ihr darin bereits die drei am häufigsten verwendeten Schlüsselreize erkennen:

  • das Kindchenschema
  • Erotik
  • Überraschung(seffekt)

Das Kindchenschema

Das Kindchenschema stellt einen emotionalen Schlüsselreiz dar. Es ist eine bestimmte Kombination von körperlichen Merkmalen, die beim Menschen zum unmittelbaren Erkennen eines kindlichen Entwicklungsstandes führen und dabei positive Gefühlsreaktionen hervorrufen, meist sogar verbunden mit einem Gefühl der Fürsorge und Verantwortung. Charakteristika des Schemas sind u.a. große Augen, großer Kopf und eine kleine Nase.

Kindchenschema

Bildrechte DKMS und Kleenex

In der Werbung ist das Kindchenschema ein beliebtes Mittel, da man es als „sicheren“ Schlüsselreiz bezeichnen könnte, auf den die meisten Menschen in irgendeiner Form reagieren werden – meistens positiv. Ein Verknüpfung der positiven Emotion mit der beworbenen Marke/ dem Produkt ist somit sehr wahrscheinlich.

Ähnlich verhält es sich auch mit Tierbabies in der Werbung. Auch sie erfüllen das sog. Kindchenschema.

Besonders positiv bei der Verwendung des Kindchenschemas ist, dass Werbung mit Kindern und Tieren zu solchen gehören, die vom Konsumenten am häufigsten „freiwillig“ gesehen wird. Zudem können Kinder und Tiere mehr bewerben, also nur Kinder- und Tierprodukte.

Erotik

Erotische Reize gelten als besonders wirksam , weshalb der Ausdruck „sex sells“ einerseits zu einem Leitspruch der Werbeindustrie geworden ist und andererseits zu einem beliebten Konstrukt. Auch wenn durch die verschiedenen Medien eine weite Verbreitung erotischer Werbung gewährleistet wird, ist es dennoch in erster Linie entscheidend, wie dieses spezielle Werbemittel vom Konsumenten wahrgenommen wird und welche Wirkung es letztendlich hat. Erotik gilt als besonders wirksam, da es sich hierbei um einen emotionalen Schlüsselreiz handelt, mit dem die Aufmerksamkeit des Konsumenten erregt und somit eine Verstärkung der Aufnahme der Werbebotschaft erzielt werden kann. Allerdings besteht hier gleichzeitig auch die Gefahr von Ablenkungseffekten, wie dem sog. Vampireffekt.

Schlüsselreiz Erotik

Bildrechte Jennifer Lopez Beauty

Erotik in der Werbung bzw. „sex sells“ wird heutzutage allerdings auch kritisch hinterfragt. Studien belegen, dass vor allem Männer, bei Werbung mit erotischem Inhalt, sich größtenteils an das beworbene Produkt/ die Marke nicht mehr erinnern.

Ich habe zum Thema Erotik in der Werbung übrigens meine Masterarbeit geschrieben. Hier habe ich durch eine empirische Untersuchung mit Eye-Tracking, Befragung und Hautwiderstandsmessung auch weitere interessante Hypothesen zum Thema Sex Sells aufgestellt und überprüft. Eines meiner Ergebnisse war, dass Erotik in der Werbung vor allem bei der jüngeren Generation (meine Zielgruppe hatte ein Durchschnittsalter von 23 Jahren) nicht mehr so wirksam ist, da diese Generation mit nahezu Normalität von Sex und Erotik in den Medien aufwächst und somit quasi „abgehärtet“ ist – der Neuartigkeitseffekt ist somit nicht mehr gegeben.

Wenn euch meine Masterarbeit und die Ergebnisse interessieren, könnt ihr sie demnächst über meine Website (kostenpflichtig) herunterladen 😉

Überraschung

Ein weiterer Effekt, der kaum als Schlüsselreiz bekannt ist, ist Überraschung. Hierbei geht es um Darstellungen in der Werbung, die der Konsumente nicht gewohnt ist, die ihn also überraschen.

Das können abstruse Kombinationen von Bildern sein, unerwartet Handlungen von Protogonisten, krasse Gegensätze, Schockwerbung uvm.

Sie aktivieren eben durch genau diese Neuartigkeit. Das ungewohnte bleibt dem Konsumenten viel mehr im Gedächtnis, da hier noch kein Schema in seinem Kopf hinterlegt ist, auf welches er zurückgreifen und es im schlechtesten Fall auch einfach wieder ablegen kann.

Schlüsselreiz Überraschung

Bildrechte Weight Watchers

Zusammenfassend

Schlüsselreize sind ein einfaches und wirksames Mittel, um den Konsumenten zu aktivieren. Durch ihr hohes Aktivierungspotential ist es möglich, die Aufmerksamkeit des Kunden zu erregen und somit unsere Marke bzw. unser Produkt besser in seinem Gedächtnis zu verankern und im Idealfall seine Kaufbereitschaft zu erhöhen.

Doch Vorsicht: man sollte sich vorher gut überlegen, welche Art von Schlüsselreiz man einsetzen möchte. Wie bereits erwähnt, kann es gerade im Umgang mit erotischen Reizen zum sog. Vampireffekt kommen. Übertrieben überraschende Reize – z.B. Schock, Ekel, Angst – können beim Konsumenten auch zu Ablehnung und den bereits erklärten unerwünschten Aktivierungseffekten führen.

Emotionale Konditionierung

Im Zusammenhang mit den aktivierenden Prozessen haben wir bereits gelernt, dass Emotionen ein wichtiges Instrument im Marketing darstellen.

Zur Erinnerung: Emotionen sind innere Erregungsvorgänge, die als angenehm oder unangenehm empfunden werden können. Wenn ihr euch an das Modell im Beitrag zu den Aktivierenden Prozessen erinnert, so wisst ihr, dass Emotionen die Summe aus Aktivierung und der Interpretation der Reize sind. Zudem sind sie immer subjektiv.

Emotionen haben im Marketing eine hohe Bedeutung. Sie können beispielsweise die Leistungsfähigkeit des Konsumenten beeinflussen, also dass er u.a. mehr und schneller Informationen aufnimmt und speichert.

Um Emotion richtig einzusetzen,  sollten sich Werbetreibende deshalb immer zunächst die Frage stellen, welches Gefühl/ welche Gefühle ihre Werbung beim Konsumenten auslösen soll(en) und welche Reaktion(en) sie sich davon erwarten. Denn dieses Gefühl, kann maßgeblichen Einfluss auf die Wahrnehmung des Produktes/ der Marke haben und somit auf die Kaufentscheidung.

Um diesen Effekt der Wahrnehmung positiv für sich nutzen, gibt es im Marketing ein sehr interessantes Konstrukt: Emotionale Konditionierung

Das Wort Konditionierung kommt euch vielleicht noch aus dem Biologieunterricht in der Schule bekannt vor – und genau damit hat es auch zu tun.

Das Prinzip rührt von dem Experiment mit dem Pawlowschen Hund. Hierbei geht es um die klassische Konditionierung.

Am Beispiel mit dem Hund:

Einem Hund wird eine Schüssel mit Futter gegeben. Diese Schüssel mit Futter ist zunächst ein unkonditionierter Reiz. Als Reaktion auf das Futter bildet sich beim Hund Speichelfluss. Dies wird als unkonditionierte Reaktion bezeichnet. Als weiteren Reiz wird bei dem Experiment das Klingeln einer Glocke hinzugefügt. Dieser Reiz ist für den Hund zunächst ein neutraler Reiz. Im Laufe des Versuchs wird jedoch jede Futtergabe mit dem Klingeln der Glocke angekündigt. Dies wird so lange wiederholt, bis für den Hund eine Verbindung zwischen dem Klingeln der Glocke und der Futtergabe entsteht.  Dies hat zur Folge, dass sich beim Hund bereits beim Klingeln der Glocke Speichelfluss bildet und nicht erst, wenn er das Futter bekommt. Somit wird aus dem vormals neutralen Reiz „Glocke“ ein konditionierter Reiz und aus der vormals unkonditionierten Reaktion „Speichelfluss“ eine konditionierte Reaktion – also eine Reaktion, die „erlernt“ ist und mit einem Reiz assoziiert ist.

Im Marketing kann man sich eben dieses Prinzip zu Nutze mache. Man spricht hier von emotionaler Konditionierung. Die Mechanik ist hier wie folgt:

Ihr habt eine Marke (oder ein Produkt), die ihr emotional „aufladen“ wollt. Diese Marke ist für den Kunden zunächst ein neutraler Reiz. In eurer Werbung kombiniert ihr die Marke beispielsweise mit einem emotionalem Reiz (= unkonditionierter Reiz) wie einem Bild, einer eingängigen Melodie oder idealerweise sogar mit einem Schlüsselreiz. Ein klassischer Schlüsselreiz ist z.B. das sog. Kindchenschema. Was Schlüsselreize und das Kindchenschema aber genau sind, erkläre ich euch einem anderen Beitrag. Wichtig ist: dieser Reiz löst beim Konsumenten idealerweise eine positive Reaktion (= Emotion) aus (auch andere Emotionen sind denkbar, wie Ekel, Angst Schock – wie gesagt: stellt euch vorab die Frage, welche Emotion und damit verbundene Reaktion eure Werbung beim Kunden auslösen soll).

Wird eure Marke (wir gehen hier mal von einem TV-Spot aus, der mehrmals über einen gewissen Zeitraum ausgestrahlt wird) wiederholt kombiniert mit dem emotionalen Reiz dargeboten, so assoziiert der Kunde im besten Fall eure Marke mit dem positiven Reiz und umgekehrt, was bei ihm eine (positive) Reaktion auslöst. Aus eurer Marke, dem vormals neutralen Reiz, ist somit ein konditionierter Reiz geworden, der in der Lage ist, die gleiche emotionale Reaktion hervorzurufen, wie der emotionale Reiz.

Das ganze nochmal vereinfacht dargestellt:

Prozess emotionale Konditionierung

Quelle: Eigene Darstellung

 

Das Produkt wird durch die emotionale Konditionierung emotional „aufgeladen“ und erhält dadurch einen emotionalen Erlebniswert. Der Erlebniswert beschreibt den subjektiv erlebten Beitrag zur Lebensqualität des Konsumenten, der durch die Marke/ das Produkt/ der Botschaft vermittelt wird.

Emotionale Konditionierung eignet sich zudem besonders für low involvierte Konsumenten.

 

Zusammenfassend

Wer es schafft, sein Produkt oder seine Marke emotionale aufzuladen, der hat gute Chancen, eine hohe Reichweite zu generieren und mehr Kunden von seinem Produkt/ seiner Marke zu überzeugen und diese somit letztendlich auch zu Käufern zu machen.

Emotionale Konditionierung ist ein nützliches und auch weit verbreitetes Instrument im Marketing, das insbesondere in Verbindung mit Schlüsselreizen sehr gut funktioniert. Was es damit auf sich hat, erkläre ich euch in einem anderen Beitrag.

 

Hier noch einige Beispiele für emotionale Konditionierung in der Werbung. Schreibt mir gerne eure Meinung dazu oder nennt mir eure Lieblingsbeispiele.

Beispiele Werbung Emotionale KonditionierungQuelle: eigene Darstellung. Copyright der Bilder/ Anzeigen liegt bei den einzelnen Unternehmen.