Psychologie im Branding – 3 einfache psychologische Tests zur Messung von Aufmerksamkeit, Erinnerung und Einstellungen

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Ihr steht gerade vor einem Relaunch, der Neugründung, einem Produktlaunch oder wollt schlicht eine praxisbezogene Studien- oder Abschlussarbeit im Bereich Marketing schreiben?

In diesem Beitrag stelle ich euch 3 psychologische Tests vor mit denen ihr die Effektivität eurer Marke in Bezug auf Aufmerksamkeit, Erinnerung und Einstellung messen könnt und wie und wo ihr sie am besten einsetzt.

Gerade, wenn es um Marketing und Branding geht, beschäftigt uns häufig die Frage: Wie wirksam sind meine Maßnahmen? Wird meine Marke wiedererkannt? Was verbinden Konsument:innen mit meiner Marke? Je nach Größe des Unternehmens und gewünschtem Output, können hier großangelegt Brandrecall und Markenwert Studien sinnvoll sein.

Doch es gibt auch Methoden, die im kleineren Rahmen simple angewandt werden können und bereits tolle Ergebnisse liefern.

Ein paar Methoden hatte ich euch ja bereits vorgestellt, wenn ihr euch erinnert. So zum Beispiel das Prinzip der Verunschärfung oder  Eye Tracking. Mit der Methode der Verunschärfung kann man beispielsweise die Markenwahrnehmung messen. Hier werden die gezeigten Gegenstände (z.B Markenlogo, Produkt) vom Rezipienten nicht normal betrachtet, sondern beispielsweise verzerrt, vergrößert, unschärfer, verdunkelt, etc.

Mit Eye Tracking kann insbesondere bei Werbemitteln und Landingpages festgestellt werden, wohin die User:innen (als erstes) schauen, wie lange sie mit dem Blick auf bestimmten Punkten verweilen und so in Erfahrung bringen, was gestalterisch optimiert werden muss.

Heute geht es um die sog. Error-Choice-Technique, Recognition Tests und ein mögliches Assoziationsverfahren.  Wie sie funktionieren und passende Beispiele findet ihr nachfolgend,.

PS: Geht auch OHNE SPSS, wenn ihr nicht gerade z.B. Korrelationen messen möchtet 😉

Error-Choice-Technique

Die Error-Choice-Technique ist ein Verfahren der indirekten Einstellungsmessung. Die Testpersonen erhalten hier Single- oder Multiple-Choice-Fragen zu einem bestimmten Sachverhalt zu welchem objektives Wissen vorhanden ist. Sie sind so konstruiert, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Befragten die wahren Antworten kennen, aber mit Antwortoptionen, die eine positive oder negative Bewertung des Einstellungsobjekts implizieren. Die Methode basiert auf der Annahme, dass die Teilnehmenden ihre Einstellungen als Grundlage für ihre Vermutungen verwenden. Das bedeutet, sie werden in der Regel dazu neigen, Antworten zu wählen, die ihre Einstellungen unterstützen. Die Einstellungen werden bewertet, indem die Anzahl der gewählten positiven Antwortmöglichkeiten im Verhältnis zur Anzahl der gewählten negativen Antwortmöglichkeiten berechnet wird.

Ein Beispiel: Pricing

Das E-Book „Buy Buy Brain“ kostet auf Amazon

  • 6,99€
  • 8,99€

Beide Antworten sind falsch. Das E-Book kostet 7,99€. Je nach gewählter Antwort, gibt das Aufschlüsse darüber, ob mein E-Book als tendentiell teurer oder günstiger wahrgenommen wird. Dies gibt mir Aufschlüsse darüber, ob mein Pricing angemessen ist.

Beispiel Nummer 2: Image

  • Chrissy’s Marketingcorner steht für Wissen über Marketing
  • Chrissy’s Marketingcorner steht für Wissen über Psychologie

Das ist nun stark vereinfacht. Die korrekte Antwort liegt in der Mitte. Es geht um Marketingpsychologie, streng genommen aber meistens um Konsumentenpsychologie. Je nach Häufigkeit der Antworten würde mir das Aufschluss darüber geben, in welchem Bereich ich eher wahrgenommen werde, was Einfluss auf meine Contentstrategie haben kann.

Recognition Test

Der Recognition Test, ist wie der Name schon sagt, ein Test zur Wiedererkennung. Dieser wird häufig zur Überprüfung des Markenwertes oder von Werbemitteln angewandt.

Recognition Tests können ungestützt oder gestützt durchgeführt werden.

Zum Beispiel: Man legt den Testpersonen das Werbemittel einer Marke vor. Ungestützt würde bedeuten, sie müssten die Marke selbstständig benennen. Bei der gestützten Variante würde man den Testpersonen Antwortmöglichkeiten zur Auswahl geben.

Dieser Test wird z.B. häufig bei Slogans und Claims angewandt. „Liken, teilen, weitersagen!“ – na, wer erkennt es wieder? 😉

Man möchte hier herausfinden, wie stark gewisse Botschaften einer Marke in den Köpfen der Konsument:innen präsent sind.

Wird meine Marke wiedererkannt?

Wird mein Werbemittel mit der Konkurrenz verwechselt?

Wird meine CI mit meiner Marke assoziiert oder mit etwas anderem?

Wie einprägsam und/oder austauschbar sind unsere Werbebotschaften?

Solche Tests lassen sich zum Beispiel recht einfach in Versuchsgruppen durchführen oder auch über Online Surveys.

Markenassoziationstest

Eng verbunden mit dem Recognition Test sind die sog. Markenassoziationen.  In der Marktforschung werden Assoziationstests häufig zur Erfassung der psychischen Dimensionen in Bezug auf Marken oder ein bestimmtes Produkt eingesetzt. Auch hier möchte man also herausfinden, wie beispielsweise die Marke von Konsument:innen wahrgenommen wird.

Es gibt es freie und  eingeschränkte Assoziationsverfahren.

Freie Assoziationstests

Freie Assoziationsverfahren finden oftmals Anwendung in der klassischen Psychoanalyse. Hier äußert der Befragte ohne bestimmte Vorgabe alle Gedanken, die ihm in den Sinn kommen. Der Output ist daher oft allgemein und unspezifisch, weswegen diese Methode für die Marktforschung nur schwer einsetzbar ist.

Eingeschränkte Assoziation

Bei eingeschränkten Assoziationsverfahren sind die Antwortmöglichkeiten in der Regel begrenzt und werden durch bestimmte Reize in eine vorgegebene Richtung gelenkt. Man versucht hier, ein gewisses Detailproblem zu untersuchen (z.B. die CI Farbe):

Es gibt verschiedene Methoden

  • Wortassoziationen
  • Objekt- und Bildassoziationen (hierunter fällt z.B. auch der berühmte Rohrschachtest)
  • Satzergänzungstest
  • Impliziter Assoziationstest (Computergestützt)
  • Brainstorming

Besonders spannend in puncto Markenassoziation sind hier die Objekt- und Bildassoziationen und der Satzergänzungstest.

Bei Objekt- und Bildassoziationen werden Logos, Bilder, Plakate, Werbemittel gezeigt und die Versuchspersonen sagen, was sie damit verbinden (kann gestützt oder ungestützt sein). Das gibt nicht nur Aufschlüsse über die eigene Position, sondern auch die der Konkurrenz, wenn ihr diese beispielsweise gezielt in den Antwortmöglichkeiten einsetzt.

Beim Satzergänzungstest sollen angefangene Sätze von den Probanden vollendet werden. Die vollendeten Satzteile werden dann nach Einstellungen oder Vorurteilen interpretiert.

 

Beispiel Objekt- und Bildassoziationen

Marketing Corner Logo Icon

Was verbindet ihr mit diesem Bild?

  • Konsumentenpsychologie
  • Marketing
  • Chrissy
  • Online Marketing Rockstars

Beispiel Satzergänzungstest

Vollendet folgende Sätze

  • Chrissy’s Marketing Corner ist für mich…
  • Mit Konsumentenpsychologie verbinde ich…

Werbung ist Manipulation! Der Faktencheck.

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Seit jeher dürfen sich Marketer anhören, dass Werbung und Marketing Manipulation seien. Wie ihr wisst, wehre ich mich als Werbepsychologin vehement gegen diesen Vorwurf. Mein Anspruch ist stets: Werbemaßnahmen so zu gestalten, dass die für den Rezipienten relevant und interessant sind.

Dennoch werde ich immer wieder auf dieses Thema angesprochen. Gefühlt wollen meine Gegenüber auf Teufel komm raus von mir die Bestätigung hören, dass meinesgleichen die Welt zu hirnlosen Konsumzombies macht.

Anlass für mich, mal ganz faktenbasiert mit diesem Thema aufzuräumen und zu erklären, warum – Spoiler – Marketing und Werbung uns nur so weit beeinflussen, wie wir es zu lassen und KEINE Manipulation sind.

Woher kommt der Vorwurf der Manipulation?

„Iss Popcorn“ „ Trink Cola“. So lauteten die vermeintlichen subliminalen Botschaften, die James Vicary in seinem Experiment in den 1950er Jahren Kinobesuchern während einer Vorstellung unterjubelte. Die Botschaften seien jeweils alle fünf Sekunden für Sekundenbruchteile während des Films eingeblendet worden.  Weil sie so kurz waren, wurden sie vom Publikum nicht bewusst wahrgenommen. Die Werbebotschaft sei aber direkt ins Unterbewusstsein gelangt und habe dazu geführt, dass der Absatz von Cola um 18% und der von Popcorn sogar um 58% gestiegen sei.

Vicary hatte somit eine Methode zur unbewussten Manipulation entdeckt – vermeintlich. Denn wie sich schnell herausstellte, waren die Ergebnisse gefälscht. Das Experiment wurde mehrfach von anderen Wissenschaftlern wiederholt. Niemand kam zum gleichen Ergebnis. Irgendwann gab Vicary den Betrug zu.

Leider hält sich das Gerücht mit den manipulativen Subliminalen Botschaften bis heute. Werbung wird die Macht zugeschrieben, Konsument:innen derart zu beeinflussen, dass sie „unbewusst“ kaufen.

Um euch zu zeigen, dass das so nicht stimmt, gehe ich mal wieder auf den Prozess der Wahrnehmung ein.

Wahrnehmung und Aktivierung

Fangen wir bei den Basics an: Der Prozess der Wahrnehmung und Aktivierung. Hierzu ziehe ich mal wieder mein alt bekanntes Black-Box-Modell heran:

Stimulus-Organismus-Response-Modell

Quelle: in Anlehnung an Meffert, H./Burmann, Ch./Kirchgeorg, M. (2012): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, S. 103, 11. Auflage, Wiesbaden.

 

Wahrnehmung beschreibt also ganz simpel den Prozess, bei dem ein externer Reiz (wie beispielsweise Werbung) vom Rezipienten wahrgenommen, verarbeitet wird (kognitive und aktivierende Prozesse) und dies dann zu einer Handlung führt (z.B. Kauf). Die genauen Abläufe könnt ihr hier in meinen Beiträgen nochmal nachlesen (Kognitive Prozesse und Aktivierende Prozesse).

Für die Werbung bedeutet das also:

  • Der Reiz muss den Rezipienten zeitlich und örtlich erreichen
  • Er muss in der Lage sein, ihn wahrzunehmen
  • Kognitive und aktivierende Prozesse müssen dazu führen, dass er eine positive Reaktion auslöst

Wir ihr vielleicht schon merkt: Da gibt es ganz schön viele Stolperfallen auf dem Weg zur sog. Response und diese Stolperfallen werden nicht nur extern, sondern vor allem auch intern beeinflusst.

Ein ganz wichtiger Faktor ist hier das Involvement, also der Grad der Bereitschaft einer Person, sich mit einer Botschaft überhaupt auseinanderzusetzen.  Befindet sich die Person im High Involvement, dann ist sie empfänglicher für die Botschaft. Befindet sie sich im Low Involvement (wie das die meiste Zeit der Fall ist), ist sie weniger bis gar nicht empfänglich. Das genaue Prinzip des Involvements könnt ihr hier nochmal nachlesen.

Je nach Art des Involvements ist auch die initiale Aktivierung eine andere, ähnlich einer Kaltakquise oder eines warmen Leads. Natürlich ist es möglich, eine low involvierte Person in eine high involvierte Person zu konvertieren, aber das ist ein langer Prozess, welcher auf dem Interesse des Empfängers beruht, welches erregt und gesteigert werden kann oder auch nicht.

Das Ob, hängt stark mit der Zielgruppe zusammen. Ihr werdet es nicht schaffen, Baby-Windeln an Personen ohne Verwendungszweck für das Produkt zu verkaufen oder gar ein Steak an einen Veganer.

Stellen wir allerdings Bedarf am beworbenen Produkt fest (= Veränderung des Involvements), so werden wir empfänglicher für dessen Bewerbung und kann unsere Entscheidung diesbzgl. beeinflussen.

„Das funktioniert in der Regel, indem man diesem Produkt einen Wert gibt, der dem Konsumenten das Gefühl gibt: Das ist wertvoll. Und was erzeugt einen Wert? Das ist relativ einfach: Es sind Emotionen, die der Welt Sinn, Wert und Bedeutung geben“

Hans-Georg Häusel, Psychologe

Mal angenommen, ihr wollt euch ein neues Auto zulegen, dann fällt euch die passende Werbung hierzu verstärkt auf. Sicherlich fällt euch auch auf einmal auf, wie viele andere Personen genau diesen Wagen fahren. Das nennt man selektive Wahrnehmung. Je relevanter die Kaufentscheidung für uns wird, umso eher erinnern wir uns auch an entsprechende Werbung – vor allem, wenn diese mit Rabatten und Aktionen wirbt (das kann unsere Entscheidung erleichtern).

Ein weiteres Beispiel, dass das sehr schön veranschaulicht: Urlaub. Es gibt Phasen, da seid ihr wortwörtlich urlaubsreif. Anzeigen und Plakate von Reiseanbietern fallen euch dadurch vermehrt auf und sprechen euch mehr an, als wenn ihr euch nicht in einer solchen Phase befindet. Euer aktueller Gemütszustand macht euch also empfänglicher für die Botschaft.

Ihr seht schon, da gehört einiges mehr dazu, als plump einen Werbespot gezeigt zu bekommen und dann kaufen wir.

Anmerkung: Die Prozesse der Wahrnehmung und die verschiedenen Einflussfaktoren sind hier bewusst einfach gehalten und auf das Wesentliche reduziert.

 

Starke Marken, Emotionen und das Fan-Prinzip

Nun darf man in diesem Zusammenhang aber eines nicht außer Acht lassen, was eventuell sogar ein bisschen auf der Haben-Seite der Manipulationsbefürworter steht: Es gibt starke und bekannte Marken, sog. Love Brands, die es schaffen, dass Konsument:innen ihre Produkte kaufen, ohne groß darüber nachzudenken.

Zur Entstehung solcher Love Brands möchte ich euch auch wieder auf einen anderen Artikel von mir verweisen.  Hier spielen Elternhaus und soziales Umfeld eine große Rolle sowie der Effekt der emotionalen Konditionierung.

Im Rahmen des berühmten Coke-Pepsi Tests konnte der Einfluss starker Marken auf Konsumpräferenzen und Wahrnehmung nachgewiesen werden. Des Weiteren zeigt der Halo Effekt, dass die positiven Eigenschaften, die man einer Marke zuschreibt, von Konsument:innen auf Submarken und Produkte der Marke übertragen werden können, was wiederum positiven Einfluss auf die Wahrnehmung und Kaufbereitschaft hat.

Eng einher mit der Liebe zu Marken geht das sog. Fan-Prinzip. Hier lassen sich allerdings eindeutige Gefahren erkennen: wenn hier beispielsweise vom sog. „fanatischen Fan“ oder der nächst höheren Stufen vom „besessenen Fan“ sprechen, also solchen, wo die Grenzen zur Realität verschwimmen. Das kann noch recht harmlos sein: Ich kaufe ein Apple Produkt aus Prinzip.

Oder sogar gefährlich: Ich stalke eine berühmte Person (auch Personen können Marken sein)

Insgesamt sind Marken ein stark emotionsgetriebenes Thema und überall, wo Emotionen eine Rolle spielen, besteht auch Platz für Wahrnehmungsverzerrung. Hier kann es dann auch zu dem Punkt kommen, wo die Liebe zur Marke tatsächlich das Kauverhalten in gewisser Weise manipuliert – wobei das Wort „beeinflusst“ treffender ist.

Das Paradebeispiel schlecht hin, ist hier ja immer Apple. Apple gilt allgemein hin als Love Brand und wird von vielen als Vorreiter in puncto Technologie und Design betrachtet. Was hier also mit hineinspielt, sind zum einen sog. First Mover Effekte und zum anderen, dass Apple gewisse Markenassoziationen über Jahre hinweg kreiert hat, die stark an positive Emotionen geknüpft sind. Ihre Kombination aus Design, einfacher Bedienbarkeit, Lifestyle und dem geschlossenen Ökosystem bedient eine Vielzahl an Konsumermotiven, so dass ihre Konsument:innen in der Regel Fans und zwar häufig „fanatische Fans“ (nicht im negativen Sinne) sind.

 

Kleine Marketing-Kniffe: „Die psychologischen Tricks“

Nun kann man die Begeisterung für Marken und das Argument, warum Konsument:innen im Fall von Love Brands so reagieren, ja vielleicht noch nachvollziehen. Doch wie sieht es mit den kleinen psychologischen Tricks aus, die wir Marketer nach bester Dumbledore-Marnier hervorzaubern, um euch alle zu Konsumzombis zu machen?

Ja, es gibt sie. Sind sie böse? Nein.

Natürlich kann man sich Effekte der Preispsychologie (Rabatte, Streichpreise), Farben, Gerüche und Co. (Stichwort Multisensorisches Marketing) zu Nutze machen. Diese sind letztendlich alle Trigger der Aktivierung. Und wie ihr ja jetzt wisst: Damit diese wirken, müssen sowohl die Umweltbedingungen als auch die kognitiven und aktivierenden Bedingungen beim Rezipienten stimmen.

Exkurs: Warum Remarketing keine Magie ist

Nun möchte ich noch auf ein Thema eingehen, dass wir in Zeiten von Social Media nicht außer Acht lassen dürfen: Remarketing.

Ihr warte gerade auf der Seite eines Online Shops und Schwupps, ihr bekommt auf Instagram eine Werbeanzeige desselbigen? Ja Guten Morgen. Da habt ihr auch schon die Antwort, warum ihr entsprechende Werbung ausgespielt bekommt. Remarketing hängt ganz einfach mit eurem eigenen digitalen Fußabdruck und eurem Online Verhalten zusammen. Wo akzeptiert ihr Cookies? Welche Rechte gebt ihr Apps? Was erlaubt ihr Alexa, Siri und Co.?  Das Ethik-Fass möchte ich hier gar nicht aufmachen. Fakt ist aber: Ihr seid selbst für die (Online) Werbung, die ihr seht, verantwortlich.

Außerdem ist hier zu erwähnen, dass dieser Bereich des Marketings durch den Gesetzgeber sowieso bereits soweit eingeschränkt wurde, dass es für Unternehmen immer schwerer wird, euer Verhalten zu tracken, Stichwort 3rd Party Cookies und auch auf das iOS 14.5 Update möchte ich hier nochmal verweisen. Dieses Update ermöglicht es euch, personalisiertes Tracking (nicht allgemein Werbung – hierzu gerne auch nochmal der passende Beitrag von mir) zu unterbinden.

Mit eurer Zustimmung und eurem Internetverhalten habt ihr also einiges selbst in der Hand.

Grenzen: Wann Werbung gefährlich sein kann

Das Thema Ethik hatte ich ja gerade bereits angesprochen. Ich bleibe dabei, dass ich das Fass rund um Google, Facebook, Amazon und Co. nicht aufmachen möchte.

Dennoch gibt es aber klare Grenzen, wann Werbung tatsächlich Manipulation und sogar gefährlich ist. Was ich hier aber vorweg schicken möchte: Das, was hier häufig als Manipulation bezeichnet wird, ist in der Regel (illegale) Irreführung für welche es ganz klare, gesetzliche Vorgaben gibt. Sobald einer Person beispielsweise nicht bewusst ist, dass sie etwas kauft, durch irreführende Bestellprozesse, Abofallen und C. ist das Irreführung und keine Marketing-Magie. Der Gesetzgeber hat insbesondere im Online Bereich ganz klare Vorgaben, wie Bestellprozesse, Darstellungen und Wordings gestaltet sein müssen.

Ein besonderes Thema auf das ich eingehen möchte, ist Werbung für Kinder. Hier sind die Grenzen zugegebenermaßen sehr difficil. Kinder werden durch Werbung ganz klar getriggert und durch häufig stereotype Reize dazu gebracht, ein Produkt zu wollen. Das kindliche Gehirn ist hier schlicht noch nicht so auf selektive Wahrnehmung ausgebildet, wie das von Jugendlichen und Erwachsenen. Hier gibt es ja glücklicherweise immer noch die Erziehungsberechtigen als „Filter“. Außerdem hängt es auch davon ab, wie und wie oft Kindern solchen Botschaften ausgesetzt werden. Auch hier gibt es zumindest in der Werbung klare gesetzliche Vorgaben (z.B. im TV) und ansonsten hängt es tatsächlich viel davon ab, was Eltern in welchem Maß erlauben (Handy, Internet, TV).

Abschließend möchte ich hier aber sagen: Überall dort, wo Werbung anderen Schaden zufügen kann, sind Grenzen aus meiner Sicht überschritten. Wir haben glücklicherweise in vielen Bereichen klare gesetzliche Regelungen. Dennoch ist es schwer zu  verhindern, dass nicht doch mal das ein oder andere schwarze Schaf eine Lücke findet.

Daher möchte ich nochmal betonen und auch einen kleinen Appell an meine Branche herausgeben: Gestaltet Werbung so, dass sie relevant und interessant ist und nicht manipulativ und ausnutzend.

Und mein Appell an alle Konsument:innen: Manipulation ist ein gefährliches und negatives Wort. Ja, Werbung beeinflusst. Aber ihr selbst bestimmt das Maß der Beeinflussung.

Zusammenfassend noch einmal

  • Werbeeinfluss hängt vor allem von persönlichen Involvement und der Aktivierung ab
  • Involvement lässt sich nicht erzeugen, wohl aber bedienen bzw. bestärken

es geht nicht darum OB man das Produkt möchte, sondern WO und wie schnell das Produkt konsumiert/ gekauft wird – und hier kann man den ein oder anderen Kniff anwenden um als Marke geliebt zu werden, oder genau in dem Moment das subjektiv beste Angebot zu liefern.

Haltungsmarketing: Die Do’s and Don’ts des purpose-driven Marketing

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Black Lives Matter, Pride Month oder gerade aktueller denn je: Der Krieg in der Ukraine. Diese sind nur ein paar Beispiele für Ereignisse und Bewegungen, die die Menschen dazu bewegen, auf Social Media Haltung zu zeigen, indem sie beispielsweise ihre Profilbilder einfärben oder Posts teilen.

Auch viele Unternehmen beteiligen sich hier und setzen sich – zumindest laut ihren Social Media Profilen – für Bewegungen und Menschen ein. Doch was hat es damit auf sich?

Hierbei handelt es sich um Haltungsmarketing bzw. Purpose Marketing. Was das genau ist und welche Do’s und Don’ts es gibt, verrate ich euch in diesem Blog und meinem Video.

Haltungsmarketing

Der Begriff Haltungsmarketing ist ziemlich selbsterklärend. Grundlegen beschreibt es eine Form des Marketings, bei dem Unternehmen oder Marken öffentlich Haltung gegenüber bestimmten gesellschaftlich und politisch relevanten Themen und Bewegungen zeigt.

Dabei geht es nicht allein um die Außendarstellung von Haltung auf Social Media. Diese sieht man häufig in Form von eingefärbten Profilbildern, so wie beispielsweise während des Pride Month. Nein, beim Haltungsmarketing– und ich schiebe hier bewusst ein – beim echten Haltungsmarketing, geht es auch darum, Haltung gegenüber bestimmten Themen stringent durch seine gesamte Marken- und Produktkommunikation hindurchzuziehen. Sei es Gendergerechte Sprache und die gleichzeitig damit verbundene „bunte und vielfältige“ Darstellung von Personen abseits stereotyper Normen oder auch die Anpassung ganzer Produktpaletten (beispielsweise Kleidung).

Aber nicht nur Marke und Produkt spielen im Haltungsmarketing eine wichtige Rolle. Viel wichtiger ist die Haltung im Unternehmen selbst. Dazu aber mehr nachfolgend bei den Do’s and Don’ts.

Bedeutung im Haltungsmarketing im Marketing-Alltag

Wie wichtig Haltungsmarketing heutzutage geworden ist, zeigt sich in Beispielen bekannter Marken, wie Nike, die mit ihrer Kampagne mit Footballspieler Colin Kaepernick ganz klar Position in der Black Lives Matter Bewegung bezogen haben. Dies kostete sie viele Punkte an der Börse, aber machte sie zum Vorreiter des Haltungsmarketings und bei ihren Kunden noch beliebter.

Aber auch ein Artikel der Marketingfachzeitschrift Horizont aus dem Jahr 2021 bestätigt, dass Haltungsmarketing inzwischen zu den wichtigsten Maßnahmen zählt, um vor allem auch die jüngere Generation zu erreichen. Haltungsmarketing umfasse dabei nicht nur das gesellschaftliche Engagement einer Marke, sondern auch ihre Werbemaßnahmen (Campillo-Lundbeck 2021).

Im Rahmen meiner Doktorarbeit konnte ich genau das bestätigen. Neben der Befragung der Generation Z selbst, konnte ich mit verschiedenen Unternehmen Experteninterviews in Bezug auf Marketing für die Generation Z führen und habe dabei interessante Erkenntnisse gewonnen, die ich euch hier natürlich nicht vorenthalten möchte. (Teaser: Sobald meine Doktorarbeit offiziell abgegeben und veröffentlicht wurde, bekommt ihr meine wichtigsten Erkenntnisse rund um „Generation Z Marketing, sex sells und Feminismus“ natürlich hier in der Corner).

Do’s und Don‘ts im Haltungsmarketing

Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus meiner Forschung und den Interviews ist: Authentizität

Das mag abgedroschen klingen, aber für die Generation Z so wichtig wie kaum etwas anderes bei der Wahl ihrer Marken.

Färbst du dein Instagramprofilbild in regenbogenfarben, wird erwartet, dass „queer“ nicht nur ein Label ist, sondern auch in deinem Unternehmen, deinen Produkten und deinem Marketing als fester Bestandteil gelebt wird.

Das bringt mich zum nächsten Punkt: Stringenz

Der Wäschehersteller Palmers warb beispielsweise mit Models jeglicher Körperform und – größe und feierte somit Body Positivity. Leider waren die beworbenen Produkte nur bis maximal Größe L erhältlich.

Neben Authentizität und Stringenz gehört auch Nachhaltigkeit zu den wichtigsten Werten für beispielsweise die Generation Z. Das bezieht sich nicht nur auf Nachhaltigkeit im ökologischen Sinne, sondern auch im Bezug auf Maßnahmen. Du färbst ein Instagramprofil in den Fragen der ukrainischen Flagge? Gut, und was konkret tust du, um zu helfen? Wie wird sich das langfristig auswirken?

Grundsätzlich kommt aber alles immer wieder zu dem erst genannten Punkt zurück: Authentizität: Meine, fühle und lebe, was du predigst. Für Greenwashing, Queerwashing und Blackfacing ist kein Platz in dieser Welt.

121 WATT Persona-Talk

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Ich durfte wieder zu Gast bei der 121 WATT im 121STUNDENtalk sein und über eines meiner Lieblingsthemen sprechen: Personas.

🎬 ✨ How to “Persona”! In dieser Episode lernst du, weshalb Personas auch im B2B-Marketing eine wichtige Rolle spielen und welche Faktoren du bei deren Erstellung beachten musst. Außerdem erklären wir dir, wieso Personas nicht nur das Marketing-Team deines Unternehmen etwas angehen. Zusätzlich haben wir eine exklusive Persona-Vorlage für dich.
 
Dranbleiben lohnt sich. Am Ende der Folge verrate ich euch meine persönliche Meinung zum Thema Personas und Gendern.
 
Du möchtest nichts mehr verpassen? Dann folge der 121WATT auf Facebook, LinkedIn oder Instagram.
 
**Die Gesprächsthemen:**
👉🏼 Personas im B2B-Marketing
👉🏼 Personas und Gendern
 
⬇️ Hier bekommst du das exklusive Persona-Template zum Download: https://www.121watt.de/…/02/Vorlage_Personas-121-WATT.pdf
 
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Praxis-Tipp-Quickie: 3 werbepsychologische Effekte für dein Marketing

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Heute bekommt ihr quick and dirty von mir 3 werbepsychologische Effekte an die Hand, die ihr einfach und hands-on in eurem Marketing umsetzen könnt.

Das Prinzip der Gegenseitigkeit

Habt ihr euch schon mal gefragt, was Unternehmen dazu bewegt, euch kostenlose E-Books, Jutebeutel oder handgeschriebene Karten zu eurer Bestellung dazu zu schenken?

Durch solche kleinen Geschenke, fühlen wir uns sozusagen in der „Bringschuld“. Es kann uns somit zum (Wieder-)Kauf bewegen.

The Hero-Villain-Effect

Forschungen haben gezeigt, dass Menschen, die einfach nur das Bild eines Helden betrachten, zumindest vorübergehend psychologisch hinsichtlich ihrer Produktwahrnehmung und Kaufabsicht beeinflusst werden können (Masters & Mishra, 2019).

Hierzu gab es einen Test mit Käse im Supermarkt:

Ein Käse wurde in einem Supermarkt einmal als „Tasty & Decadent“ = sündiges Produkt = Vice Product deklariert, aber mit dem Hero-Label „Luke Skywalker“ versehen.

–> Folge: Produkt wurde  bevorzugt, weil es als weniger schädlich wahrgenommen wurde, weil es als witziger wahrgenommen wurde

Im zweiten Versuch wurde der Käse als gesundes,“ tugendhaftes „Produkt  deklariert = Virtue Product , aber mit Villain-Label „Darth Vader“.

–> Folge: Der witzige und gegensätzliche Kontext ließ das Produkt positiv erscheinen.

In beiden Fällen wurde die Produktwahrnehmung positiv beeinflusst und die Kaufabsicht gesteigert.

Effekt der Mitte

Dieser Effekt funktioniert besonders gut am POS, da der Kunde dort den direkten Vergleich hat. Beim Effekt der Mitte werden ein günstiges, ein mittelpreisiges und ein hochpreisiges Produkt nebeneinander dargeboten. Die meisten Kunden werden zum mittelpreisigen Produkt greifen. Warum?

Das mittelpreisige Produkt dient als Referenz. Das günstige Produkt wirkt dagegen zu billig. Vom günstigen Preis wird auf die Qualität geschlossen. Hingegen lässt das mittelpreisige Produkt das teure Produkt zu teuer wirken.

Am Ende suggeriert diese Gegenüberstellung, dass das mittelpreisige Produkt das perfekte Verhältnis zwischen Preis und Qualität vermittelt.

Femvertising: Mit female Empowerment zum Werbeerfolg

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Jeder kennt es: sex sells! Und oftmals ist sex sells mit einer übersexualisierten, wenn nicht gar sexistischen Darstellung von Frauen verbunden.

Doch der Trend nimmt glücklicherweise ab und auch die Wirksamkeit ist umstritten (Mehr dazu hier).

Vielmehr zeichnet sich inzwischen ein gegensätzlicher Trend ab: Femvertising

Die Kampagne „Real Beauty“ der Hautpflegemarke Dove hat es vorgemacht: hier wird das Empowerment von Frauen zur Schaffung von Körperbewusstsein gezielt als Marketingmaßnahme einsetzt.

Was ist Femvertising?

Femvertising beschreibt eine Form der Werbung, bei der frauenfreundliche Botschaften und Bilder eingesetzt werden, um Frauen und Mädchen zu stärken. Die Marktforschungsgruppe von Google bezeichnete zudem Anzeigen als Form von Femvertising, die Botschaften zur Gleichstellung der Geschlechter und zudem Liebe und ein positive Körpergefühl verbreiten.

Den Einsatz von feministischen Botschaften in der Werbung gab es bereits im 20. Jahrhundert. Die Soziologin Diane Barthel zeigte bereits 1988 auf, dass Werbebotschaften stets auch die Werte einer Gesellschaft zum jeweiligen Zeitpunkt widerspiegelten (Barthel 1988). Die Langzeitstudie von Busby und Leichty (1993) konnte diese Aussage mit Hinblick auf feministische Werbung stützen. Sie untersuchten Werbungen von 1995 bis 1998 und testeten, welchen Einfluss verschiedene feministische Bewegungen auf die zur jeweiligen Zeit dominierende Bildsprache in der Werbung hatte. Dabei stellten sie fest, dass sich die Rolle der Frau in der Werbung im Zeitverlauf stark veränderte. So änderte sich die Darstellung der häuslichen Frau mit Familie und Ehemann hin zu einer Darstellung von autonomen Frauen. Einen direkten Bezug von expliziten Bewegungen konnten sie nicht nachweisen, dennoch kamen sie zu dem Schluss, dass feministische Botschaften einen Einfluss auf die Rollendarstellung in der Werbung zum jeweiligen Zeitraum hatten (Busby & Leichty 1993).

Positive Effekte des Femvertising

Victoria E. Drake untersuchte in ihrer Studie „The Impact of Female Empowerment in Advertising (Femvertising)“ 2017 gezielt die Wirksamkeit von Femvertising aus der Marketingperspektive. Mittels einer Online Studie mit experimentellem Design wurden weibliche Teilnehmerinnen nach dem Zufallsprinzip entweder eine traditionellen Fernsehwerbung oder Femvertising-Werbung für dieselbe Marke gezeigt. Anschließend wurde ein Fragebogen ausgefüllt, um den Einfluss von Femvertising auf die Meinung der Probandinnen hinsichtlich Werbung, Marke, Kaufabsicht und emotionale Verbindung zur Marke zu untersuchen. Drake fand heraus, dass die Probanden eine signifikant höhere positive Einstellung gegenüber Anzeigen und der Marke hatten, welche mit Femvertising-Werbung warben. Aufgrund der positiven Auswirkungen von Femvertising in Vergleich zur geschlechtertypischen Darstellung von Frauen, empfiehlt Drake Werbetreibenden, die starke Rolle der Frau und „Empowerment“ als Leitmotiv sowie Body Positivity als Mittel in der Werbung zu fördern (Drake 2017).

Das Privatsphäre-Paradoxon: Was das iOS 14 Update über unser Userverhalten aussagt

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Als Apple Ende 2020 das geplante iOS 14 Update ankündigte, mit dem die User per Knopfdruck künftig Werbetracking zustimmen oder ablehnen konnten, war der Aufschrei groß: weltweit warfen Unternehmen Apple vor, seine Marktmacht mit den geplanten Datenschutzänderungen zu missbrauchen und gegen Kartellrecht zu verstoßen. Der Hauptpunkt der Beschwerde ist, dass Apple nämlich seine eigenen Apps von der Zustimmungspflicht ausnimmt.

Die Werbebranche erwartete einen massiven Einbruch im Paid Bereich. Und tatsächlich war dieser Aufschrei berechtigt: Laut Statistiken haben in den USA beispielsweise gerade mal 4% der User* dem Tracking zugestimmt, global sind es 12%. Der größten Werbeplattform weltweit, Facebook, erlauben gerade mal 25% der User das Tracking – mit verheerenden Auswirkungen für die Werbebranche.

Aus (werbe-)psychologischer Sicht höchst interessant, wo wir doch heutzutage ganz bereitwillig alles an Daten und Informationen über uns Preis geben. Warum also klicken so viele User für vermeintlich mehr Privatsphäre?

Das iOS 14 Update: Facts

Doch bevor wir uns der Psychologie widmen, möchte ich zunächst ein paar Fakten über das iOS14 Update an die Hand geben.

  • Streng genommen ist es das Update iOS 14.5
  • Eingeführt wurde hier die sog. App-Tracking-Transparenz (ATT)
  • App-Entwickler müssen nun erst die Erlaubnis eines Users einholen, um Zugriff auf die Werbekennung (IDFA) des Geräts zu erhalten
  • User können von App zu App einzeln festlegen, wer über die App-hinaus tracken darf
  • Es handelt sich dabei um personalisiertes Tracking, kein allgemeines Werbeverbot
  • In den Datenschutzeinstellungen kann man den Opt-in jederzeit ändern

Apple verargumentiert das Update als „großen Schritt Richtung Datenschutz“. Wie sehr es Apple dabei allerdings wirklich um die Privatsphäre der Menschen geht, sei mal dahingestellt – insbesondere, da ihre eigenen Apps davon ausgeschlossen bleiben.

Am ersten Tag des Release haben sich 8 große deutsche Medien- und Werbeverbände zusammengeschlossen und Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht.

Zwischen Privatsphäre und gläserner Mensch

Es stellt sich nun die Frage, wieso so viele Menschen von Apples neuer Datenschutz-Funktion Gebrauch machen.

Im letzten Jahrzehnt haben die meisten von uns bereitwillig ihre Daten im Internet und über die sozialen Medien Preis gegeben. Für viele Stand der Nutzen daraus (Information, bessere Angebote, soziale Vernetzung) über ihrer eigenen Privatsphäre, so dass sie den Preis dafür „gerne“ gezahlt haben.

Das sog. Privatheits-Prozess-Modell gibt ein wenig Aufschluss darüber:

Das PPM (Privacy Process Model) ist eine Theorie, die besagt, dass Privatheit aus drei Hauptelementen besteht:

  • Privatheitskontext
  • Privatheitswahrnehmung
  • Privatheitsverhalten

Menschen versuchen immer die Balance zwischen den Elementen zu halten und betreiben dazu einen ständigen Prozess der Privatheitsregulation, welcher bewusst oder unbewusst ablaufen kann. Dies bedeutet, dass sie den IST und SOLL Zustand ihrer Privatheit miteinander vergleichen und entweder den Privatheitskontext oder das Privatheitsverhalten anpassen, sollten sie nicht übereinstimmen.

ppm modellQuelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Tobias Dienlin

Nach diesem Modell würde das also bedeuten, dass die User ihren aktuellen Privatheitszustand erneut angepasst haben. Doch woher kommt dies so plötzlich?

Datenschutz in aller Munde

Was hier sicherlich wesentlich dazu beigetragen hat, sind die steigenden Debatten über Datenschutz in den vergangenen Jahren. Das Thema war so präsent wie nie. Datenschutzskandale und unzureichende Informationen bzw. schlecht informierte User über Datenschutzneuerungen (siehe hier Beispiel WhatsApp) haben das Thema Privatsphäre für alle deutlich präsenter gemacht.

Ebenfalls gestiegen, ist das Bewusstsein über Werbetracking. Es ist für kaum jemanden noch verwunderlich, dass sie auf einmal Ads passend zum Suchverhalten bekommen – nicht verwunderlich, aber häufig noch „gruselig“.

Hinzu kommt meiner Meinung nach auch ein falsches Verständnis des iOS14 Updates. Häufig denken User, dass sie mit ihrem Opt-In dafür sorgen, dass sie überhaupt keine Werbung mehr bekommen. Dies ist schlicht falsch. Man untersagt lediglich personalisierte Werbung über den App-Anbieter. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass man künftig halt einfach wieder irgendeine Werbung bekommt. Und mal ehrlich, wer will das schon?

An Punkt der ebenfalls mit hineinspielen könnte, ist die Aufmachung des Popups:

popup ios14Zunächst einmal sind Popups grundsätzlich unbeliebt. In einer Studie der „Coalition for Better Ads“ gaben fast alle der 25.000 Befragten an, dass sie von Popups genervt seien. So führten diese auch in 97% der Fälle zum Abbruch des Websitebesuchs.

Aus Datenschutzsicht vollkommen korrekt, sind beide Optionen von der Aufmachung genau gleich. Keine Option dürfte farblich hervorgehoben werden, um so ggf. das Klickverhalten zu beeinflussen. Jedoch greift hier schlicht eine Form des Primacy Effekts – die erste dargebotene Option wird tendentiell eher geklickt. Und das ist in diesem Fall die Ablehnung. Zudem müssten User einen weiteren Klick machen, um zu erfahren, wozu das Unternehmen das Tracking überhaupt braucht und das dies ggf. auch positiv für sie sein könnte. Der Wortlaut, wenn auch korrekt, ist für den User erstmal eher negativ behaftet („track your activity“) und erklärt nicht, was sich dahinter verbirgt. Zugegebenermaßen ist dafür im Popup auch zu wenig Platz und es ist auch fragwürdig, ob User gewillt wären, sich das komplett durchzulesen.

Tipps für Werber

Alles in allem stellt das Update eine ganze Branche vor große Fragezeichen und zwingt sie, neue und andere Wege zu finden. Zumal Apple hier nicht der einzige „Bösewicht“ ist. Die Herausforderungen bestehen schon seit der neuen DSGVO-Verordnung von Mai 2018, welche eine cookieless future und damit das erschwerte Tracking bereits in die Wege leitete. Auch Google will sich dem anschließen, arbeitet wohl aber an einer gleichwertigen Alternative ohne Tracking.

Wie kann man also als Werber trotzdem mit den Veränderungen umgehen?

  • Zunehmende Bedeutung von First-Party-Daten: Beziehungsaufbau durch AB-Testing stärken und Präfenzen und Bedürfnisse der User besser verstehen
  • Cookieless und datenschutzkonformes Tracking mit Matomo (zum Beispiel)

 

Ich weiß, die Tipps sind recht oberflächlich, aber vielleicht zumindest Impulsgeber. An dieser Stelle möchte ich einmal Werbung in eigener Sache machen, was ihr ja, wie ihr wisst, selten tue: die Agentur, in der ich arbeite, EPHNY, hat sich dieser Herausforderung angenommen und erarbeitet gemeinsam mit Kunden Lösungen. Wer sich hier also beraten lassen möchte, der wende sich gerne an uns 😉 www.ephny.com

Außerdem sei anzumerken, dass der Marktanteil von iOS Nutzer:innen in Deutschland im Vergleich zu anderen Betriebssystemen laut Statista bei gerade mal 25% liegt. Klar, zählt die Zielgruppe iPhone User zu einer der Kaufkräftigsten, aber dennoch liegt ein breites Advertising Potential auch bei Usern anderer Betriebssysteme.

 

Anmerkungen

*ich benutze hier das englische, geschlechtsneutrale Neutrum. Mit User schließe ich selbstverständlich jegliche Art von Geschlecht ein.

PS: Wenn ihr wissen möchtet, worüber ich mich eigentlich informiere: aus meiner Sicht ist die Digitalzeitschrift t3n die zuverlässigste Quelle, wenn es um Updates aus der Online Marketing und Digitalbranche gehe. Für psychologische Fakten, beziehe ich mich oft auf aktuelle Studien und Dissertationen sowie natürlich meine eigenen Kenntnisse als Werbepsychologin.

Advertising needs Psych: Warum Online Marketing ohne Psychologie nicht funktioniert

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Viele fragen mich: Kannst du dein Wissen aus der Werbepsychologie eigentlich im Alltag anwenden?  Die klare Antwort: Ja.

Als Werbepsychologin habe ich seit jeher einen besonderen Blick auf Nutzerverhalten und User Journey und wenn ich eins gelernt habe, dann dass Online Marketing ohne Psychologie nicht funktioniert.

Das Involvement und der Funnel

Grundsätzlich musst Du davon ausgehen, dass es zwei Arten von Kunden gibt: high involviert und low involviert. High involvierte Kunden haben sich entweder bereits mit Dir oder Deinem Produktfeld auseinandersetzt. Sie haben recherchiert und sind offen für Angebote. Diese erreichst Du im Advertising i.d.R. sehr gut.

In der Werbeansprache wollen sie wissen, warum ausgerechnet Dein Produkt das Beste ist. Oft kannst Du diese bereits retargeten oder durch gezielte Interessen filtern. Rabatte und Angebote machen dich sympathisch.

Leider ist der Großteil der User aber low involviert, das kommt einer Kaltakquise gleich. Willst Du diese potentiellen Kunden erreichen, musst Du ihnen viele Informationen geben und sie erstmal auf Dich und Deine Produkte aufmerksam machen. Erfahrungsgemäß funktioniert hier Videocontent sehr gut. Dieser generiert im ersten Schritt mehr Aufmerksamkeit, weil es Bewegtbild ist. Durch Aufmerksamkeit kannst Du Interesse lenken. Erst im Remarketing gibt man diesen Usern plakative Angebote, am besten in statischer Bildform.

Erfahrungsgemäß sind dies auch sehr preissensitive Kunden.

Die User Journey

Wie denkt der Kunde? Oder: Schließe niemals von Dir selbst auf andere! Was für Dich logisch erscheint, muss es nicht zwangsweise auch für den Kunden sein. Gehe also bei der Gestaltung Deiner User Journey niemals von Deinem Wissensstand aus.

Meine Tipps:

  • Wenige Klicks von der Ad zum Produkt
  • Produkt und Infos klar im Fokus der Landingpage
  • Einfacher Bestellprozess
  • Einfache und vielfältige Bezahlmöglichkeiten

Und wie immer: testen, testen, testen.

Mein kleines Online-Psychologie-1×1

Und nachfolgend noch ein paar meiner Learnings aus den letzten Jahren, wenn es um die Verbindung von Online Marketing und Werbepsychologie geht:

  • Im Push: Bewegtbild schlägt Statisch
  • Im Remarketing: Statisch schlägt Bewegtbild
  • Im Push: Personen auf Bildern sorgen für Trust • Im Remarketing: Bringe Dein Angebot auf den Punkt
  • Rabatte werden vom User erst ab 20% als wertvoll eingestuft
  • Streichpreise erhöhen die Wahrscheinlichkeit des subjektiven „Deal-Erlebnisses“
  • CTAs mit „Jetzt kaufen“/ „Jetzt starten“ funktionieren besonders gut
  • CTAs und Aktionsbadges auf Grafiken müssen sich farblich signifikant von der CI unterscheiden

Loyalitätsprogramme und Kundenclubs: Wie wirksam sind sie?

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„Sammeln Sie Punkte?“

Vermutlich jeder hat diesen Satz beim Einkaufen schon mal gehört. Er ist in der Regel Teil eines Loyalitätsprogramms. Loyalty Programme, genauso wie Clubs, gehören zu den sog. Kundenbindungsmaßnahmen Und wie der Name schon sagt, ist ihr Ziel das langfristige Binden von Kunden.

Doch wie wirkungsvoll sind diese?

Das Prinzip von Kundenbindungsprogrammen

Loyalty Programme und Kundenclubs funktionieren nach dem Prinzip, dass ein ausgewählter Kundenkreis durch eine von ihm durchgeführte Aktion (z.B. Sammeln von Punkten, Beitreten in einen Fanclub) zu loyalem Verhalten (z.B. Wiederkauf) gebracht wird und dafür in Form von exklusiven Angeboten, Rabatten usw. belohnt wird.

Überspitzt gesagt: Ähnlich wie beim pawlowschen Hund lernen wir, eine bestimmte Reaktion auf einen Reiz folgen zu lassen, weil wir dann eine Belohnung erwarten.

Beispiele für solche Maßnahmen sind z.B.

  • Punkte sammeln
  • Stempelkarten
  • Kundenkarten
  • Fanclubs/ Kundenclubs

Bei Clubs spielt zusätzlich der Exklusivitätseffekt eine Rolle. Mehr hierzu in meinem gleichnamigen Video.  Hier gibt es verschiedene Arten von Clubs

  • Kundenvorteilsclub (z.B. IKEA Family)
  • Fanclub (z.B. Fußball)
  • VIP-Club (z.B. Best Secret)
  • Lifestyle-Cub (z.B. Ferrari-Club)
  • Product-Interest-Club (z.B. Thermomix)

Ziele aus Unternehmenssicht

  • Kundenbindung: Wiederkaufsverhalten durch Belohnung anreizen, eine gewisse Abhängigkeit fördern und Abwanderung verhindern.
  • Cross-Selling/Up-Selling: Abstrahlungseffekt auf andere Produktkategorien.
  • Kundenidentifikation: Auswertung von Kaufhistorien und Individualisierung des Angebots für den Kunden.
  • Verstärkung des Kundendialogs
  • Steigerung Marketingeffizienz

Grenzen von Kundenbindungsprogrammen

Grundsätzlich klingt das ja erstmal nach der ultimativen Strategie und rentabel sind sie ebenfalls, auch wenn die Kostenpunkte für solche Programme nicht unterschätzt werden dürfen (Vorlaufskosten, Programmkosten, Vertriebskosten, Service, etc.)

Doch natürlich gibt es auch Grenzen, z.B.

  • Nachlassende Bindungsbereitschaft der Kunden
  • Wachsende Zahl Variety Seeker durch Produktüberangebot

Und auch negative Auswirkungen, z.B.

  • Qualifizierungsbarriere: Belohnung ist an nicht oder kaum erfüllbare Bedingungen geknüpft
  • Wertlosigkeit: Belohnung wird als zu wenig wertvoll erlebt
  • Unzugänglichkeit. Belohnung nicht vorrätig
  • Diskriminierung: Ausschluss von gewissen Kundenkreis (Beispiel: Kassier:in vergisst Person am Supermarkt das Programm anzubieten)

Fazit

Loyalty und Kundenclubs scheinen nach wie vor wirksame und beliebte Marketing und Kundenbindungsmaßnahmen zu sein. Tatsächlich soll Corona sogar dazu beigetragen haben, dass diese ein wichtiges Instrument für den Handel wurden, um mit dem Kunden weiter im Dialog zu bleiben und in Interaktion zu kommen.

Newsjacking: In 24 Stunden zum Werbeerfolg

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Truefruits tut es, Sixt ist dafür bekannt, Pinky Gloves hat es wieder gezeigt: Newsjacking funktioniert.

Was ist Newsjacking?

Newsjacking beschreibt eine PR- bzw. Marketingmaßnahme bei der ein Unternehmen auf aktuelle Nachrichten oder Ereignisse aufspringt und diese für sich nutzt, um selbst Medieninteresse zu erzeugen. Der Begriff wurde von David Meerman Scott in einem gleichnamigen Buch geprägt.

Newsjacking ermöglich unternehmen die Aufmerksamkeit und Reichweite von aktuellen Ereignissen für ihren eigenen Vorteil zu nutzen.

Nachrichtenquellen

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten auf den Newsjacking-Zug aufzuspringen

  1. Planbare Ereignisse
  2. Echtzeit-Ereignisse

Bei planbaren Ereignissen handelt es sich um Ereignisse von großen medialem und gesellschaftlichem Interesse  mit meist einem festen Datum. Ein Beispiel hierfür wäre eine Fußball WM.

Hier lassen sich Marketingmaßnahmen gut vorbereiten. Allerdings ist hier die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch andere Unternehmen diese Ereignisse für sich nutzen. Der Überraschungs- und Neuartigkeitseffekt nutzt sich damit also ab.

Bei Echtzeit-Ereignissen handelt es sich oft um Schlagzeilen und die Halbwerts- und Reaktionszeit ist sehr gering, meistens nur 24 Stunden.

Hier zählt buchstäblich jede Sekunde – first come, first serve. Die wichtigsten Kanäle sind hierfür deshalb auch Twitter, Social Media, Pressemitteilungen und Blogs.

Der Überraschungs- und Neuartigkeitseffekt ist meist enorm.

Beispiele für Newsjacking

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